a) Vorbemerkung
Gesetzliche Neuregelungen im Steuerrecht werfen regelmäßig auch verfassungsrechtliche Fragen auf. So könnte es sein, dass die in Variante 1 und Variante 2 von den Regelungen der Erbschaftsteuerreform Betroffenen im Inland ansässig sind, es sich also um einen rein nationalen Sachverhalt handelt. Soweit kein grenzüberschreitender Sachverhalt gegeben ist, ist die Vereinbarkeit der Norm des § 13 a Abs. 4 Satz 5 ErbStG an den Maßstäben des Verfassungsrechts zu messen. Ebenso könnte es sein, dass die in der ursprünglichen Variante 1 und Variante 2 Betroffenen mit reinen Inlandssachverhalten zu vergleichen sind. Auch hier gilt es die Norm an Maßstäben des Verfassungsrechts zu messen.
b) Allgemeine verfassungsrechtliche Maßstäbe
Die verfassungsrechtlichen Maßstäbe für das Steuerrecht ergeben sich aus den einzelnen Grundrechten, aus dem Rechtsstaatsprinzip und aus den Regelungen des Grundgesetzes über das Finanzwesen. Hauptmaßstab ist der Gleichheitssatz des Art. 3 GG, der dem Gesetzgeber gebietet, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln. Von Bedeutung war der Gleichheitssatz z. B. in den jüngsten Entscheidungen des BVerfG zur Verfassungsmäßigkeit der Pendlerpauschale, der Gewerbesteuer und dem Abzug von Versicherungsleistungen gemäß § 10 Abs. 3 EStG.
Konkretisiert werden diese Grundsätze als steuerverfassungsrechtliche Maßstäbe durch das Gebot der Besteuerung nach der finanziellen Leistungsfähigkeit, durch das Gebot der Besteuerung nach der horizontalen und vertikalen Steuergerechtigkeit, bedingt auch durch das objektive und subjektive Nettoprinzip sowie durch das Gebot der Folgerichtigkeit und der Beachtung des allgemeinen Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit. Der Gesetzgeber hat im Steuerrecht prinzipiell einen weiten Entscheidungsspielraum. Er ist berechtigt, nicht fiskalische Förderungs- und Lenkungsziele zu verfolgen, und er ist zur Vereinfachung und Typisierung befugt. Inwieweit durch die Norm des § 13 a Abs. 4 Satz 5 ErbStG ein nicht zu rechtfertigender Verstoß gegen Verfassungsrecht vorliegt, wird im Nachfolgenden anhand Art. 3 GG – denn dieser dürfte vor dem Hintergrund der Vergleichsvarianten im Fallbeispiel augenscheinlich einschlägig sein – diskutiert.
c) Prüfung eines Verstoßes
aa) Ungleichbehandlung tauglicher Vergleichsgruppen
Die Prüfung von Art. 3 GG setzt eine verfassungsrechtlich relevante Ungleichbehandlung voraus. Dies wiederum ist nur der Fall, wenn im Wesentlichen Gleiches ungleich behandelt wird. Es müssen Personengruppen verglichen werden, die solche gemeinsamen Eigenschaften oder Kriterien aufweisen, die diese Personengruppen in Bezug auf das in Rede stehende Gesetz als im Wesentlichen gleich erscheinen lassen. Das Augenmerk nun auf den Erwerber der Anteile gerichtet zeigt eine Ungleichbehandlung des in gleicher Höhe bewerteten Vermögensanfalls vor dem Hintergrund der Begünstigungsvoraussetzung der Lohnsummenklausel. Die Verschonungsregelungen des neuen Erbschaftsteuerrechts greifen in Variante 1 ohne Beachtung der Beschäftigungsentwicklung der Tochtergesellschaft in den kommenden Jahren. Wohingegen im Fall der in Variante 2 betroffenen Unternehmen die Entwicklung der Löhne und Gehälter der Tochtergesellschaft maßgeblich die Verschonung des Erbanfalls beeinflussen. Nun könnte argumentiert werden, dass die unterschiedlichen Beteiligungsverhältnisse an unterschiedlichen Gesellschaften zu untauglichen Vergleichsgruppen führen würden. Dennoch handelt es sich bei dem mittelbar bzw. unmittelbar gehaltenen Unternehmensvermögenswert um ein vergleichbares Kriterium iSd Art. 3 GG.
bb) Rechtfertigung der Ungleichbehandlung
Im Gegensatz zu den Fiskalzweck- oder Lastenausteilungsnormen zielt der Gesetzgeber bei den Lenkungsnormen – wobei es sich bei dem Normenkomplex des § 13 a ErbStG iVm § 13 b ErbStG handeln dürfte – weniger auf die gerechte Verteilung der Belastungswirkungen, sondern vielmehr darauf ab, dass der Eintritt bestimmter Gestaltungswirkungen seinen politischen Gestaltungsvorstellungen entspricht. Ungleiche Belastungswirkungen bei gleicher Leistungsfähigkeit der Steuerpflichtigen bedürfen – wie alle Ungleichbehandlungen – der Rechtfertigung. Eine solche Rechtfertigung kann aber nur gelingen, wenn dem Lenkungszweck verfassungsrechtlich ein förderungswürdiger Rang zukommt, der die ungleiche steuerliche Lastenteilung aufwiegen kann. So darf der Gesetzgeber unter bestimmten Voraussetzungen und bei Vorliegen ausreichender Gemeinwohlgründe Steuerverschonungen und Steuerbefreiungen zu Lenkungszwecken als Durchbrechung der Belastungsgleichheit zulassen. Wie bereits dargestellt, gibt die Gesetzesbegründung zu § 13 a ErbStG Gemeinwohlgründe als Zielset...