Die differenzierte Betrachtung der einzelnen Vorschriften und deren Anwendung im Hinblick auf den jeweiligen Sinn und Zweck der Vorschrift führen dazu, dass der Schenkungsbegriff nicht einheitlich verwendet wird.
Aus diesem Grund ist der Schenkungsbegriff des § 2325 BGB nicht zwangsläufig mit demjenigen der §§ 516, 517 BGB gleichzusetzen. Der Schenkungsbegriff der §§ 516, 517 BGB nimmt Vorgänge, die nach dem allgemeinen Sprachgebrauch durchaus als Schenkung bezeichnet werden, aus. Mit dieser Eingrenzung sollten aber lediglich bestimmte Vorgänge im "Interesse des praktischen Verständnisses" aus dem Anwendungsbereich der Schenkungsregelungen herausgenommen werden und z.B. Rückforderungsrechte nach § 528 BGB ausgeschlossen sein.
Der Ausschluss einer Schenkung im engen Sinn des § 516 BGB führt aber nicht zum Ausschluss einer unentgeltlichen Leistung oder Zuwendung. Die Ablehnung der §§ 516 ff. BGB führt nur dazu, dass § 518 BGB oder § 530 BGB nicht anwendbar sind.
Es lässt sich feststellen, dass die bisherige Rechtsprechung die An- oder Aberkennung von Vorgängen, die im allgemeinen Sprachgebrauch als Schenkung bezeichnet werden, als relevant in den jeweiligen rechtlichen Sachverhalten, je nach Schutzrichtung der Vorschriften getroffen hat.
Beispielsweise ist der Schenkungsbegriff in der Schenkungsanfechtung gemäß § 134 InsO viel weiter und erfasst auch unterlassene Erwerbsmöglichkeiten. Hierzu zählt dann die unentgeltliche Gebrauchsüberlassung. Die Einordnung der unentgeltlichen Gebrauchsüberlassung als anfechtbare Handlung setzt vor allem am (unentgeltlichen) Leistungsempfang des Begünstigten an und stellt nicht auf den (fehlenden) Vermögensverlust beim Insolvenzschuldner ab. Die Rechtfertigung sieht Mylich darin, dass die Schenkungsanfechtung geschieht, um die Insolvenzmasse für eine gerechtere Verteilung anzureichern, und der Empfänger der unentgeltlichen Leistung über § 143 Abs. 2 S. 1 InsO bei Entreicherung bzw. fehlender Bereicherung auch nichts zurückzuzahlen hat – vergleichbar mit der subsidiären Haftung des Beschenkten im Pflichtteilsergänzungsrecht nach § 2329 BGB.
In der Entscheidung des BGH vom 17.9.1986 ging es um den Teilerlass einer monatlichen Rente von 4.000 DM durch den Erblasser. Die Rente wurde bis auf einen Betrag von 1.000 DM erlassen. Hinsichtlich der Relevanz für die Pflichtteilsergänzung hat der BGH dies ausführlich mit Blick auf den Schutzzweck des § 2325 BGB bejaht. Der schenkweise Erlass des Zahlungsanspruchs ist kein bloßes Unterlassen von Erwerbschancen, sondern eine für § 2325 BGB grundsätzlich relevante Zuwendung. Im Hinblick auf den dortigen Fristanlauf der 10-Jahresfrist hat der BGH auf die Erlassabrede abgestellt und nicht auf die einzelnen monatlichen Rentenraten. Die Bewertung der Zuwendung hat auf den Stichtag des Erlasses mit dem entsprechenden Vervielfältiger zu erfolgen.
Auch im Schenkungsteuerrecht wird der Begriff der Schenkung weiter gefasst. Daher wird auch die Gewährung eines zinslosen Darlehens als schenkungsteuerrechtlich relevante Zuwendung gesehen, weil die Schenkung nur eine Unterart der unentgeltlichen Zuwendung ist und für die vorübergehende unentgeltliche Gebrauchs- oder Kapitalüberlassung das Gesetz die Vertragsform der Leihe (§ 598 BGB) oder des unverzinslichen Darlehens (§ 488 Abs. 1, 3, § 607 Abs. 1 BGB) vorsieht.
Aufgrund der Zielrichtung des § 2315 BGB wird auch für diese Vorschrift die Wertung des § 517 BGB, wonach das Unterlassen eines Vermögenserwerbs, das für den Pflichtteilsberechtigten zu einem Vermögensvorteil führt, nicht als Schenkung gilt, nicht ohne Weiteres übertragen. Der Zuwendungsbegriff des § 2315 BGB reicht viel weiter als der eingeschränkte Schenkungsbegriff der §§ 516, 517 BGB.