Entscheidungen des BGH, in denen die Frage der Pflichtteilsrelevanz des mietfreien Wohnens in Form der Erhöhung des Pflichtteils im Rahmen der Pflichtteilsergänzung des § 2325 BGB explizit abgelehnt wird, sucht man vergeblich.
Die Kommentierungen, die das mietfreie Wohnen aus dem Anwendungsbereich des § 2325 BGB verdrängen wollen, verweisen hierzu nur sehr kurz auf einige Entscheidungen des BGH, allesamt aber zu völlig anderen rechtlichen Komplexen:
a. Die Annahme, dass eine Schenkung auch im Rahmen des § 2325 BGB nur vorliege, wenn der Leistende ein Vermögensopfer erbringt, nimmt Bezug auf das Urteil des BGH vom 11.12.1981. Danach bedarf ein Vertrag, der die Verpflichtung zur unentgeltlichen Gebrauchsüberlassung einer Wohnung auf Lebenszeit zum Inhalt hat, der Form des § 518 BGB. Im Schutzinteresse des betroffenen Wohnungsberechtigten verneint der BGH dies und bestätigt den allgemeinen Grundsatz, dass Formvorschriften im Interesse der Rechtssicherheit nicht zu weit ausgelegt werden dürfen.
b. Auch das Urteil des BGH vom 20.6.1984 betrifft allein die Formbedürftigkeit einer entsprechenden Zusage. Es geht um die Wirksamkeit eines vom Erblasser formlos eingeräumten Wohnrechts auf Lebenszeit. Hier ist der BGH von einer nicht formbedürftigen Leihe ausgegangen. Er stellt aber bereits hier Überlegungen an, inwieweit sich eine Relevanz für die Pflichtteilsberechnung nicht dadurch ergeben könne, dass die unentgeltliche Leihe langfristig angelegt sei, und damit wirtschaftlich der Weggabe von Substanz nahekomme.
c. Der Hinweis in der Literatur auf die Entscheidung des BGH vom 1.7.1987 enthält wiederum keine Entscheidung zum Pflichtteilsergänzungsrecht. Hier ging es um Zurechnung von Arbeitsleistungen des Vaters des Ehemannes bei Aus- und Umbauarbeiten zum Anfangsvermögen des Ehemannes. Auch hier gibt der BGH wieder einen Hinweis auf die mögliche Bedeutung der ersparten Aufwendungen in anderen Fallgestaltungen. Ein Ausgleich kann geschuldet sein, wenn für derartige Arbeitsleistungen üblicherweise eine Vergütung gezahlt wird. Dann werden die entsprechend ersparten Aufwendungen zugewandt. Hat nämlich derjenige, der die Arbeit geleistet hat, einen Vergütungsanspruch erlangt, so kann die Vermögensverschiebung in dem Erlass der Vergütungsschuld gesehen werden. Insbesondere, wenn der Zuwendende seine Arbeitskraft oder die zur Nutzung überlassene Sache anderweitig gegen Ertrag hätte einsetzen können, auf diesen Nutzen aber zugunsten des Bedachten verzichtet hat.
d. Im Hinblick auf das Urteil des BGH vom 13.7.1994 wurde im Rahmen der Ausgleichsansprüche trotz Gütertrennung bei vermögensmehrender Betriebsmitarbeit die sogenannte unbenannte Zuwendung unter Ehegatten nicht dem Recht der Schenkung unterstellt, sondern als ehebezogenes Rechtsgeschäft eigener Art festgestellt. Ausgleichsansprüche können sich ergeben, wenn die Beibehaltung der Vermögensverhältnisse, die durch die Zuwendung eines Ehegatten an den anderen herbeigeführt worden sind, dem benachteiligten Ehegatten nicht zumutbar ist, auch wenn diese Arbeitsleistungen begrifflich keine Schenkungen (im engeren Sinne) sind. Wirtschaftlich betrachtet stellen diese Arbeitsleistungen ebenso eine geldwerte Leistung dar, wie die Übertragung von Vermögenssubstanz. Allerdings muss es sich um Arbeitsleistungen in erheblichem Umfang handeln, die sowohl über erwiesene Gefälligkeiten als auch über, etwa im Rahmen der Unterhaltspflicht oder der Verpflichtung zur ehelichen Lebensgemeinschaft geschuldeten Beistandsleistungen, weit hinausgingen.
e. In dem dem Urteil des BGH vom 11.7.2007 zugrundeliegenden Rechtsstreit musste sich das Gericht mit der Frage beschäftigen, ob die Einräumung eines unentgeltlichen schuldrechtlichen Wohnungsrechts, insbesondere wenn dies auf lange Dauer erfolgt, eine Schenkung i.S.v. § 2287 BGB darstellt und daher einem durch einen Erbvertrag oder ein gemeinschaftliches Testament gebundenen Erblasser verwehrt ist. Der BGH hat dabei die Anwendbarkeit des § 2287 BGB auf derartige Rechtseinräumungen verneint.
f. Bei der Entscheidung des BGH, Urt. v. 27.1.2016, ging es um Schadenersatzansprüche des Nacherben gegen den Vorerben, der eine zum Nacherbschaftsvermögen zählende Immobilie mietfrei überlassen hatte. Da die kostenfreie Gebrauchsüberlassung mit dem Ende der Vorerbschaft gleichfalls endete, lag darin auch keine Substanzminderung des Nacherbschaftsvermögens. Eine Beeinträchtigung des Nacherben vermochte der BGH hier nicht zu sehen.
Zum konkreten Anwendungsbereich des § 2325 BGB bei der kostenfreien Überlassung von Wohnraum fehlten bisher Entscheidungen.