Hervorzuheben ist, dass die Analogiefähigkeit einer Norm nicht schon deswegen verneint werden darf, weil der Gesetzgeber den Anwendungsbereich im Wege einer Aufzählung ausgestaltet hat. Ausgangspunkt der Analogieprüfung ist, dass grundsätzlich alle Vorschriften analogiefähig sind, soweit sich nicht aus der konkreten Vorschrift etwas anderes ergibt. Es ist also im Wege der Auslegung zu bestimmen, ob der Tatbestand einer Norm ihren Anwendungsbereich abschließend beschreibt oder nicht. Der Wille des Gesetzgebers ist unter Wertungsgesichtspunkten zu ermitteln. Soweit die Prüfung der Analogiefähigkeit der Norm (planwidrige Regelungslücke) positiv war, kann in einem zweiten Schritt die Prüfung der Analogiefähigkeit des Sachverhalts (vergleichbare Interessenalge) vorgenommen werden. Im Hinblick auf die Prüfung der Vergleichbarkeit des Sachverhalts ist dann zu fragen, ob der nicht tatbestandsmäßige Sachverhalt dem Tatbestand der Norm unter systematischen, historischen oder teleologischen Aspekten so stark ähnelt, dass eine Analogie geboten erscheint.
Im Hinblick auf die Analogiefähigkeit der Norm, also die Frage, ob der Anwendungsbereich einer Vorschrift abschließend gestaltet ist, ist zu untersuchen, ob sie nach dem Willen des Gesetzgebers abschließenden Charakter haben soll. Im vorliegenden Fall hat der Gesetzgeber gerade keine – sonst üblichen – Schlüsselbegriffe wie etwa "nur" oder "ausschließlich" verwendet, um den abschließenden Charakter der Norm festzulegen. Daher kommt der historischen, teleologischen und systematischen Auslegung besondere Bedeutung zu.
1. Eindeutiger Hinweis im Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens
Bei einem Blick in die Gesetzmaterialien findet sich zu der Fassung des § 207 BGB, wie er später in Kraft getreten ist, folgender Hinweis des Gesetzgebers:
Zitat
"… ist es der Rechtsprechung unbenommen, im Einzelfall in entsprechender Anwendung des § 207 BGB-RE eine Verjährungshemmung anzunehmen, wenn ein der Ehe oder Familie vergleichbares Näheverhältnis besteht".
Deutlicher konnte der Gesetzgeber dem Rechtsanwender nicht mitteilen, dass er nicht nur nicht gegen eine analoge Anwendung des § 207 BGB ist, sondern dass er diese analoge Anwendung explizit wünscht und sie der Rechtsprechung offensteht.
Während § 204 a.F. BGB ausdrücklich nur die Ansprüche zwischen Vormund und Mündel regelte und die Verjährung der Ansprüche zwischen Betreuer und Betreutem, Pfleger und Pflegling, Kind und Beistand nur in analoger Anwendung des § 204 S. 2 BGB a.F. gehemmt wurden, nennt § 207 BGB in der seit der Schuldrechtsreform geltenden Fassung diese Ansprüche zwar heute ausdrücklich. Daraus ergibt sich allerdings gerade nicht der Schluss, dass der neu geschaffene § 207 BGB abschließenden Charakter haben soll. Vielmehr spricht der oben zitierte Hinweis aus den Gesetzesmaterialien dafür, dass lediglich die ohnehin schon in analoger Anwendung des alten Rechts anerkannten Hemmungstatbestände bei Neufassung des Verjährungsrechts in die gesetzliche Regelung aufgenommen werden sollten. Ebenso wie schon nach altem Recht § 204 BGB a.F. analogiefähig war, wollte der Gesetzgeber allerdings auch bei Neufassung der Regelung keinen abschließenden Anwendungsbereich festlegen. Schließlich bestätigt auch die – offen formulierte – Überschrift der Norm "Hemmung der Verjährung aus familiären und ähnlichen Gründen", dass der Gesetzgeber nicht die Schaffung einer Norm mit abschließendem Charakter im Sinn hatte.
2. Keine Abkehr von diesem Willen des Gesetzgebers in folgenden Gesetzgebungsverfahren
Zwar wurde der Regelungsgehalt des § 207 BGB bei Schaffung des ErbVerjÄnderG ergänzt. Diese Änderung betraf allerdings allein das Verhältnis von Stiefkindern zu ihren Stiefelternteilen. Die F...