Die dogmatischen Gründe für die bürgerlich-rechtliche Prägung und Maßgeblichkeit des Zivilrechts sind im Einzelnen noch wenig geklärt.[26] Sie werden teilweise darin gesehen, dass das Erbschaftsteuerrecht an privatrechtlich geprägte Regelungsgegenstände anknüpft: Erbschaft und Schenkung.[27] Für sich genommen ist dieser Grund allerdings noch nicht überzeugend, da das Steuerrecht häufig an zivilrechtlich geprägte Lebenssachverhalte anknüpft, ohne dass sich daraus ein Vorrang für das zivilrechtliche Begriffsverständnis ergibt.[28] Der Steuertatbestand der Vermietung und Verpachtung (§ 21 EStG) beispielsweise greift einen zivilrechtlich geprägten Sachverhalt auf, ohne dass sich daraus eine bürgerlich-rechtliche Prägung des Einkommensteuerrechts ableiten lässt.[29]
Der in der Literatur am häufigsten genannte Grund für die bürgerlich-rechtliche Prägung ist allerdings die tatbestandliche Verknüpfung des Erbschaftsteuerrechts mit dem Zivilrecht.[30] Das Erbschaftsteuergesetz verwendet auffällig viele zivilrechtliche Begriffe und verweist – was für das Steuerrecht ungewöhnlich ist – an zentralen Stellen direkt auf das Zivilrecht (gesetzlicher Klammerverweis).[31] Klammerverweise auf das Zivilrecht finden sich unter anderem in § 3 Abs. 1 Nr. 1, 2 ErbStG (Erwerb von Todes wegen), § 4 Abs. 1 ErbStG (Fortsetzung der Gütergemeinschaft), § 5 ErbStG (Beendigung der Zugewinngemeinschaft), § 7 Abs. 1 Nr. 4-6 ErbStG (Schenkung unter Lebenden), § 15 Abs. 3 ErbStG (Steuerklassen), § 20 Abs. 3 ErbStG (Haftung), § 29 Abs. 1 Nr. 2, 3 ErbStG (Erlöschen der Steuer).[32]
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