II.
Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Zutreffend ist das Nachlassgericht zu dem Ergebnis gelangt, dass die Beteiligte zu 1 aufgrund des gemeinschaftlichen Testaments der Ehegatten vom 15.6.1992 Alleinerbin der Erblasserin ist.
1. Die (erläuternde) Auslegung des Testamentes ergibt, dass nach dem für die Testamentsauslegung maßgeblichen Willen der Erblasserin und ihres vorverstorbenen Ehemannes im Zeitpunkt der Errichtung des Testamentes am 15.6.1992 die Beteiligte zu 1 auch für den hier vorliegenden Fall des zeitlichen Nacheinanderversterbens der Erblasserin und ihres Ehemannes unter der Prämisse als Erbin eingesetzt werden sollte, dass der überlebende Ehegatte nach dem Tod des vorversterbenden nicht mehr in der Lage ist, eine (weitere) letztwillige Verfügung von Todes wegen zu errichten.
a) Maßgebend für die Beurteilung der von den Ehegatten getroffenen Anordnung ist der Wille der beiden Ehegatten allein im Zeitpunkt der Testamentserrichtung, also zum 15.6.1992.
aa) Die Ehegatten haben mit der Formulierung ("Wir setzen uns gegenseitig als Alleinerben ein") den Fall des Erstversterbens des jeweiligen Ehegatten regelt.
bb) Daneben haben sie mit der Formulierung ("Der überlebende Ehegatte bestimmt den "Nacherben" (richtig wohl: Schlusserben“) gerade keine Anordnung für den Fall des Todes des überlebenden Ehegatten getroffen, sondern die Regelung der Erbfolge nach dem Ableben des überlebenden Ehegatten bewusst offen gelassen."
Damit bleibt der Fall des Ablebens des überlebenden Ehegatten ungeregelt, sodass grundsätzlich bei einem Ableben des überlebenden Ehegatten im Falle, dass dieser keine weitere letztwillige Verfügung errichtet, gesetzliche Erbfolge nach dem überlebenden Ehegatten eintritt. Diese von den Ehegatten getroffene Anordnung hat somit im Falle der Nichterrichtung eines Testaments durch den Überlebenden zur Folge, dass die "Schlusserbfolge" davon abhängt, welcher der Ehegatten den anderen überlebt. Ob diese Folge von den Ehegatten gewünscht ist oder nicht, ist unmaßgeblich, sondern Folge der von ihnen getroffenen letztwilligen Verfügungen. Auch ist unmaßgeblich, dass der Eintritt der gesetzlichen Erbfolge (infolge Unterlassens einer Testierung durch den überlebenden Ehegatten) etwaig nicht dem grundsätzlichen Willen der Ehegatten entspricht, sondern Konsequenz der Nichttestierung ist (vgl. OLG München, FamRZ 2010, 1941).
b) Da also die Ehegatten den Fall des Nacheinanderversterbens bewusst nicht geregelt haben, ist vorliegend Kernfrage, welchen Fall die Ehegatten mit der Formulierung ("Bei einem gemeinsamen Tode, z.B. Unfall“) mit ihrer Anordnung geregelt wissen wollten, mit der sie die Beteiligte zu 1 zu ihrer Alleinerbin eingesetzt haben."
aa) Bei der Testamentsauslegung gemäß § 133 BGB kommt es auf den wirklichen Willen des Erblassers an, ohne am buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften (BGH, ZEV 1997, 376; FamRZ 2012, 26; BeckOGK/Gierl, § 2084 Rn 10, 30; MüKo/BGB/Leipold, 8. Auflage 2020, § 2084 Rn 1). Im Hinblick auf die von den Ehegatten getroffene Erbeinsetzung zugunsten der Beteiligten zu 1 ist der gemeinsame Wille der Ehegatten maßgebend, also welche Vorstellung die Ehegatten im Zeitpunkt der Testamentserrichtung mit der von ihnen gewählten Formulierung hatten (vgl. BeckOGK/Gierl, § 2084 Rn 12).
bb) Da die Ehegatten den Fall des Nacheinanderversterbens bewusst nicht geregelt haben (s.o.), steht vorliegend gerade nicht die Problematik im Vordergrund, ob die von den Ehegatten gewählte Formulierung auch die Fallgestaltung umfasst, in denen Ehegatten innerhalb eines kurzen Zeitraums nacheinander versterben (vgl. dazu näher NK-Erbrecht/Gierl, 6. Auflage 2021, § 2269 Rn 57). Insofern ist auch die Länge des Zeitraums zwischen dem Ableben der beiden Ehegatten grundsätzlich unmaßgeblich.
Entscheidungserheblich ist vielmehr, welche Fallkonstellationen die Ehegatten – außer einem Nacheinanderversterben – mit der von ihnen gewählten Formulierung geregelt wissen wollten.
(1) Der Wortlaut der Urkunde spricht dafür, dass die Eheleute den Fall des zeitgleichen Versterbens gemeint haben. Sie haben nämlich die auslegungsbedürftige Formulierung "gemeinsam" nicht ergänzt durch die Formulierung "Nach (einem gemeinsamen Tod)" oder – noch deutlicher – formuliert "nach unserem (gemeinsamen) Tod", sondern mit den Worten "bei einem", die für einen einzigen zum Tode beider Eheleute führenden Lebenssachverhalt sprechen, eine auf einen zeitgleichen Tod hindeutende Wortwahl getroffen (vgl. hierzu auch OLG Schleswig, NJW-RR 2004, 368). Ein Indiz für einen solchen Willen der Ehegatten ist auch die Nennung des Beispielfalls "Unfall", dem ein gemeinsamer Lebenssachverhalt zugrunde liegt.
Hintergrund einer Regelung von Ehegatten, die sich gegenseitig zu Erben einsetzen, ohne diese Regelung mit einer Erbeinsetzung für den Tod des Längerlebenden von ihnen (Schlusserbeinsetzung) zu verbinden, ist, dass dem Überlebenden der Nachlass des Erstversterbenden zufällt und dass er über das Gesamtvermögen – auch von Tode...