1. Der Erbschein
Nach § 2353 BGB hat das Nachlassgericht dem Erben auf Antrag ein Zeugnis über sein Erbrecht zu erteilen. Demzufolge dient der Erbschein dem Erben als Nachweis seiner Rechtsstellung. Die Notwendigkeit einer Legitimation als Erbe im Rechtsverkehr beruht auf der im Erbfall nach § 1922 Abs. 1 BGB eintretenden Universalsukzession und dem damit verbundenen sofortigen und umfassenden Vermögensübergang (Prinzip des Vonselbsterwerbs). Die Legitimationswirkung des Erbscheins besteht in der Vermutung der Richtigkeit des Erbscheins (§ 2365 BGB) und dem mit dem Erbschein verbundenen öffentlichen Glauben (§§ 2366, 2367 BGB). Der Erbschein wirkt inter omnes und kann aufgrund seiner Gutglaubens- und Rechtsscheinwirkung als Nachweis der Erbfolge Grundlage u.a. für Grundbuch- und Handelsregistereintragungen sein.
2. Das Erbenfeststellungsurteil
Mit dem Erbenfeststellungsurteil wird die bestehende Rechtsunsicherheit bezüglich des Erbrechts des Klägers im Verhältnis zu dem oder den Beklagten behoben. Das auf eine Erbenfeststellungklage ergehende Feststellungsurteil wirkt im Gegensatz zum Erbschein nur inter partes und erzeugt damit keine über die Parteien des Erbprätendentenstreits hinausgehende Rechtskraftwirkung. Aufgrund dessen ist es beispielsweise einem Nachlassgläubiger nicht verwehrt, den im Erbenfeststellungsprozess unterlegenen Erbprätendenten als Erben in Anspruch zu nehmen. Zur Legitimation der Erbenstellung ist das Feststellungsurteil somit nicht geeignet. Dementsprechend kann auch der mittels Erbenfeststellungsurteil gerichtlich festgestellte Erbe keine Grundbuch- oder Handelsregistereintragungen erreichen.
3. Wesentliche Unterschiede zwischen Erbscheinsverfahren und Erbenfeststellungsprozess
Das Nachlassgericht hat zwar ebenso wie das Prozessgericht die Frage zu klären, wer Erbe geworden ist. Im Gegensatz zum Erbschein erzeugt das nur zwischen den Prozessparteien wirkende Erbenfeststellungsurteil allerdings keine allgemeingültige Wirkung. Insofern ist es folgerichtig, wenn das Nachlassgericht aufgrund der Wirkung des Erbscheins inter omnes auch die schutzwürdigen Belange etwaiger Erbprätendenten zu berücksichtigen hat, die nicht Partei des Erbenfeststellungsprozesses waren. So sind im Erbscheinsverfahren die sog. Kann-Beteiligten nach § 345 Abs. 1 S. 2 FamFG gem. § 7 Abs. 4 FamFG über das Verfahren zu benachrichtigen und über ihr eigenes Antragsrecht zu belehren. Darüber hinaus wird sogar von einer Ermittlungspflicht des Nachlassgerichts hinsichtlich der Ermittlung der Kann-Beteiligten ausgegangen.
Die Erlangung eines Erbscheins und damit das Betreiben eines Erbscheinsverfahrens ist damit unabhängig von einer Erbenfeststellungsklage zur Ausräumung von unterschiedlichen Rechtsauffassungen der Erbprätendenten bezüglich des Erbrechts immer dann erforderlich, wenn mangels einer anderweitigen öffentlichen Urkunde (notarielles Testament oder Erbvertrag) ein Nachweis der Erbfolge u.a. für Grundbuch- und Handelsregistereintragungen benötigt wird.