Was ist also strafrechtlich zu prüfen? Die Freiheitsberaubung – ganz klar, denn er war ja eingeschlossen. Von der Pflegerin? Gegen seinen Willen? Die Pflegerin sagt nein. Er habe sich selbst eingeschlossen. Er konnte dazu nicht befragt werden, er war ja tot. Aber selbst, wenn er noch gelebt hätte, wäre seine Aussage bei seiner Erkrankung nicht belastbar. Betrug? Wer bezeichnet die Täuschungshandlung? Worin bestand diese? Welchem Irrtum saß Friedhelm auf, als er sein Vermögen "weggab"? Untreue? Welche Handlungen der Pflegerin waren pflichtverletzend? Wo wurde der erlaubte Rahmen überschritten? Wer gibt denn an, was überhaupt als Pflicht übertragen wurde? Die Absprachen waren mündlich, das Innenverhältnis nirgends fixiert; und außerdem wäre es selbst dann jederzeit mündlich zu erweitern oder neu zu bestimmen. Wie also soll belegt werden, dass die Pflegerin den erlaubten Rahmen (das Dürfen) überschritt? Diebstahl der Rolex? Vielleicht. Aber wer ist der Täter? Die Pflegerin? Es konnte doch der Enkel, die Tochter, der Freund gewesen sein. Alle hatten einen Schlüssel. Den Schmuck unterschlagen? Wieso? Der Vater hat diesen mit gutem Recht zurückverlangt und auch erhalten. Wo er geblieben ist, kann niemand sagen. Außerdem, welcher Schmuck genau? Gibt es fahndungsgeeignete Bilder? Das Haus? Klar geregelt zu Lebzeiten vom Vater selbst. Vor einem Notar – geht ja gar nicht anders. Was könnte der bezeugen? Dass der Vater nicht wollte? Nicht konnte? Wohl kaum, denn dann hätte der Notar ein standes- und evtl. strafrechtliches Problem.
Also was genau liegt hier nun vor? Wo ist ein Schaden? Wer benennt und belegt ihn?
Der geneigte Leser, der bis hier durchgehalten hat, ist aufgerufen, Vorschläge zu unterbreiten. Ganz ernsthaft. Wie hätte Friedhelm beschützt werden können? Wer hat überhaupt Recht? Die Pflegerin, die ein zerrüttetes Vater-Tochter-Verhältnis behauptet? Vom Misstrauen des Vaters gegen jeden? Seine angebliche Enttäuschung über die beiden Bevollmächtigten, deren vermeintlichen und ungerechtfertigten Behauptungen, er brauche einen Betreuer und müsse ins Heim? Dass ihm das den Rest gegeben habe und es sehr undankbar von der Tochter sei? Er deshalb alles nochmal neu geordnet habe? Die Geschäftsunfähigkeit erst seit Kurzem feststehe? Davor Friedhelm völlig klar gewesen und es dann plötzlich abwärts gegangen sei? Bedenke, Leser, das sind nicht Friedhelms Sätze, sondern Aussagen Anderer. In diesem Fall sogar einer Tatverdächtigen.
Oder stimmt die Erzählung der Tochter? Von einem innigen, vertrauensvollen Verhältnis, das von der alltäglichen Pflege nicht belastet habe werden sollen. Dass man gemeinsam alles unternehmen wollte, um ihm Heim und Betreuung zu ersparen. Dass deshalb die Vorsorgevollmacht errichtet und die Pflegerin organisiert worden sei. Die anfänglich so einen guten Eindruck machte, hilfsbereit und offen. Dass es der Tochter später aber unmöglich war, rein physisch an den Vater heranzukommen und frei mit ihm zu reden. Dass sie im Vertrauen auf die Instanzen und Behörden abgewartet habe, auch um den Vater nicht zu bedrängen. Dass ihr das auf die Füße fiel, weil sie sich an die Regeln hielt und die Pflegerin eben nicht. Hat also die Tochter Recht? Dafür spricht vieles. Vor allem die unbestrittene erste Generalvollmacht, der alles Wesentliche entnommen werden konnte und die am ursprünglichen Wunsch des Vaters keine Zweifel ließ. An die sich Tochter und Freund buchstabengetreu gehalten haben. Jedenfalls bis die Pflegerin kam.
Aber jeder Mensch kann bis zum Schluss seinen Willen ändern.