Bezüglich Vorsorgevollmachten erscheinen zwei Ansichten unverrückbar: Zum einen, dass die Vorsorgevollmacht ein bewährtes Konzept sei, welches keiner Nachbesserung mehr bedürfe, und zum anderen, dass etwaige Missbrauchsfälle allein medial verbreitet seien und ungerechtfertigt sowie überhöht in den Fokus gerückt würden. In diesem Sinne werden Empfehlungen von Experten wiederholt ausgesprochen, wie jüngst in der FamRZ:
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"Der Gesetzgeber sollte dies jedoch nicht überbewerten, da der ganz überwiegende Anteil erteilter Vorsorgevollmachten reibungslos "funktioniert", ohne dass dies überhaupt nennenswert an die Öffentlichkeit dringen würde. Die Gestaltungs- und Beratungspraxis sorgt sich daher auch nicht so sehr um eine (wohlgemerkt: nicht feststellbare) überproportionale Zunahme von Missbrauchsfällen, sondern umgekehrt mehr um eine auch den Interessen des Bevollmächtigten gerecht werdende Ausgestaltung des Grundverhältnisses der Vorsorgevollmacht."
Für den Praktiker bleibt völlig unklar, woher diese Erkenntnisse stammen und womit sie begründet werden könnten. Mir jedenfalls ist keine einzige Studie bekannt, die sich dieser Frage widmet. Der Umstand, dass die Rechtsprechung bspw. die Auskunfts- und Rechenschaftspflichten soweit ausdehnt,
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"[…] dass zu befürchten steht, dass sich ohne eine maßvolle Begrenzung der Pflichten des Bevollmächtigten […] bald kein Angehöriger mehr finden wird, der bereit ist, die zeitintensive und verantwortungsvolle Tätigkeit […] auszuüben"
gibt offenbar auch nicht zu denken.
Warum führe ich dies aus?
Weil es die steten, ungeprüft wiederholten, abgenutzten und letztlich unzutreffenden Argumente sind, die jeglichen Nachbesserungsansatz im Keime ersticken. Dass ein Missbrauch nicht feststellbar und deshalb nicht existent sei, wird dabei als augenscheinlicher Beweis angeführt. Sollte dennoch ein solcher Fall eintreten, lägen genügend Instrumente auf dem Tisch, diesen einzudämmen und zu sanktionieren.
Ich kenne etliche, die hier vehement widersprechen würden; darunter solvente Personen mit ausgewiesenem juristischem Sachverstand; also hinreichend gerüstet, derartige Sachverhalte auf dem zivil- und strafrechtlichen Wege einer sachgerechten Klärung zuzuführen; die aber dennoch scheiterten und sich deshalb an die Polizei wandten. Im Verlauf vieler Gespräche, Vorträge, Interviews und schriftlichen Ausführungen wurde insbesondere deutlich, dass allein der konkrete Fall die Zuhörer bzw. Leser zum Nach- und Umdenken führt. Deshalb soll ein solcher Fall hier vorgestellt werden.