Die wichtigste Frage für den Notar in Bezug auf Krypto-Assets im Nachlass stellt sich im Hinblick darauf, wo genau der Notar das Vorhandensein von Krypto-Assets abfragen kann. Je nachdem wie tief der Notar bei seiner Suche einsteigen will oder kann, sollte er versuchen, die ursprüngliche Transaktion zu suchen. Dies ist über die Auswertung der Bankkonten des Erblassers möglich und ein erster Einstieg. Um Krypto zu kaufen, gehen die meisten Käufer den Weg über eine Börse. Die Transaktion zu der Börse sollte also in den Kontoauszügen zu finden sein. Ein Kauf von Krypto über Kreditkarte ist theoretisch möglich, wird aber von den meisten Kreditkarten geblockt. Andere Suchorte nach einschlägiger Software – primär Cryptowallet Extensions – könnten der Computer, der Browserverlauf und sogar das Smartphone sein.
Dabei muss der Notar herausfinden, wo sich der private key für den Zugang zu den Krypto-Assets bzw. dem Wallet (siehe dazu oben bei III.) befindet. Da der private key und das möglicherweise dazugehörige Wallet somit der Ausgangspunkt des erbrechtlichen Übergangs sind, kommt es darauf an, in welcher Form diese zum Zeitpunkt des Erbfalls gesichert sind. Dabei sind drei Konstellationen denkbar, welche für die Abfrage des Notars relevant sein können.
Zum einen kann der private key vom Erblasser auf einem physisch verkörperten Speichermedium (wie bspw. auf einem USB-Stick, Smartphone, PC oder Tablet) gespeichert sein. Steht dieses physisch verkörperte Speichermedium im Eigentum des Erblassers, so geht dieser im Wege der Universalsukzession auf die Erben über und nach herrschender Ansicht gehen damit auch die auf den Datenträger enthaltenen Daten auf die Erben über. In diesem Fall muss der Notar zur Erstellung des notariellen Nachlassverzeichnisses zunächst wie im Standardfall Rücksprache mit den Erben halten. Im Fall, dass die Erben keine Kenntnis von eventuellen Krypto-Assets im Nachlass haben, muss bei Vorliegen von Indizien auf das Vorhandensein von Krypto-Assets nach eventuellen Speichermedien gesucht werden. Dabei sind der Ermittlungspflicht des Notars in tatsächlicher Hinsicht Grenzen gesetzt, mehr als ein gezieltes Suchen nach eventuellen Speichermedien kann nicht verlangt werden.
Zum anderen kann der private key auch in Papierform vom Erblasser gesichert worden sein. Auch in diesem Fall geht das betreffende Schriftstück des Erblassers im Rahmen der Universalsukzession auf die Erben über. Auch hier ist der Notar gehalten, mit den Erben Rücksprache zu halten und/oder in den Unterlagen des Erblassers nach diesbezüglichen Schriftstücken zu suchen. Auch hier müssen wieder die natürlichen Grenzen der Ermittlungspflicht des Notars beachtet werden. Gibt es keine Hinweise/Indizien, dass der private key verschriftlicht wurde, muss der Notar auch keine weiteren Nachforschungen anstellen.
Zuletzt ist noch denkbar, dass der Erblasser ein reines online-Wallet zur Verwaltung seiner Krypto-Assets genutzt hat. Beim anbieterunabhängigen Wallet ist die Lage übersichtlicher, hier tritt der Erbe in die schuldrechtlichen Beziehungen zwischen dem Erblasser und dem Anbieter des Wallet ein und hat dann Anspruch gegen den Anbieter des Wallet auf Zugriff auf das Wallet. Beim anbieterabhängigen Wallet gestaltet sich die Lage unübersichtlicher, denn hier wird ein Intermediär dazwischengeschaltet, sodass sich das Wallet z.B. bei einem Drittanbieter oder einer Kryprobörse befindet. Beim anbieterabhängigen Wallet sind dann die Absprachen zwischen dem Kunden und dem Kryptoverwahrer von Bedeutung. Aus den Absprachen können sich dann Hinweise auf die Eigentümerstellung des Erblassers ergeben. Bei den anbieterabhängigen Wallets (forensisches Betreiben der Blockchain) ist das einfache Wallet nicht transparent. Daher ergeben sich in diesem Fall weitere Nachforschungspflichten des Notars, der ermitteln muss, wer hinter dem Wallet steht und wem genau die dazugehörigen Krypto-Assets zugeordnet werden können.
Insgesamt lässt sich damit festhalten, dass die Ermittlungspflichten des Notars sich bezüglich des Auffindens von Krypto-Assets wandeln. In dieser neuen Situation muss der Notar versuchen, in wahrscheinlich intransparente Verhältnisse Licht zu bringen. Dabei werden sich für den Notar neben der Schwierigkeit, grundsätzlich Krypto-Assets im Nachlas zu ermitteln, auch Probleme bezüglich der Eigentumsstellung bei anbieterabhängigen Wallets ergeben. In diesem Zusammenhang kann vom Notar aber keine hellseherische Leistung und auch kein detektivisches Verhalten erwartet werden (siehe dazu schon im Zusammenhang mit der Ermittlungspflicht des Notars). Dabei muss zurzeit beachtet werden, dass nur im seltensten Fall die Erben wissen werden, ob Krypto-Assets bestehen und wo genau sich der private key befindet. Diesbezüglich kann nur darauf gehofft werden, dass eine Änderung der erbrechtlichen Beratungspraxis stattfindet, welche sich auch mit der Vererbung von Krypto-Assets näher auseinandersetzt. Im Idealfall hat der Erblasser...