Die Klägerin braucht sich auf ihren Pflichtteilsanspruch die Zahlung vom Dezember 1993 nicht anrechnen zu lassen. Eine Anrechnungsbestimmung nach § 2315 Abs. 1 BGB ist nicht nachgewiesen. Eine Anrechnungsbestimmung des § 2315 Abs. 1 BGB erfolgt durch eine einseitige empfangsbedüftige Willenserklärung vor oder bei der Zuwendung. Sie kann ausdrücklich oder stillschweigend geschehen. Die Erklärung muss dem Pflichtteilsberechtigten nach allgemeiner Meinung zum Bewusstsein gekommen sein, womit gemeint ist, dass sie dem Erklärungsempfänger in ihrer Tragweite bewusst wurde und er deshalb in der Lage war, abwägen zu können, ob ihm die Zuwendung eine Verminderung seines späteren Pflichtteils wert ist. Beweisbelastet für eine derartige Anrechnungsbestimmung ist der Erbe (OLG Düsseldorf, FamRZ 1994, 1491; OLG Karlsruhe, NJW-RR 1990, 393; Soergel/Dieckmann, 13. Aufl. 2002; § 2315 Rn 6; Staudinger/Haas, 13. Bearb. 1998, § 2315 Rn 26 ff; kritisch MüKo/Lange, 4. Aufl. 2004, § 2315 Rn 6 f).
In Rechtsprechung und Kommentarliteratur wird eine Formulierung wie "Anrechnung auf den Erbteil" regelmäßig nicht als Anrechnungsbestimmung iSd § 2315 BGB ausgelegt. Eine dahingehende Auslegung sei vielmehr nur ausnahmsweise zulässig. Die zitierte Formulierung könne ebenso gut nur als Ausdruck dafür gemeint sein, dass der Empfänger die Zuwendung gegenüber anderen Abkömmlingen des Erblassers nach den §§ 2050 ff BGB zur Ausgleichung zu erbringen habe. Nur besondere Umstände könnten ausnahmsweise die Annahme rechtfertigen, dass darüber hinaus unmittelbar eine pflichtteilsrechtliche Wirkung beabsichtigt gewesen und dies dem Empfänger auch bewusst geworden sei (OLG Düsseldorf, FamRZ 1994, 1491; Staudinger/Haas, § 2315 Rn 23; Soergel/Diekmann, § 2315 Rn 6; Palandt/Edenhofer, 66. Aufl. 2007, § 2315 Rn 3 a E.; wohl auch MüKo/Lange, § 2315 Rn 8 bei Anm. 28). Auch das OLG Karlsruhe hat in der von der Klägerin wiederholt zitierten Entscheidung (NJW-RR 1990, 393) eine ähnliche Formulierung nicht als Anrechnungsbestimmung im Sinne des § 2315 BGB ausgelegt, allerdings mit einer sich aus dem dortigen Sachverhalt ergebenden anderen Begründung; so war dort etwa schon ungewiss, auf welches Erbe sich die Anrechnung beziehen solle.
Nach allem enthält das Schreiben vom 21. Dezember 1993 eine Erklärung, deren Inhalt nach objektivem Empfängerhorizont auch unter Berücksichtigung der Begleitumstände nicht eindeutig festzustellen ist. Ebenso wenig ist festzustellen, dass die Klägerin das Schreiben als Anrechnungsbestimmung nach § 2315 BGB verstanden hat oder zumindest hätte verstehen müssen. Diese Unklarheiten müssen zulasten der darlegungs- und beweisbelasteten Beklagten gehen. Eine Beweiserhebung ist nicht vonnöten. Mit keinem der von ihr angebotenen Beweismittel ließe sich der Inhalt der Erklärung oder deren Verständnis durch die Klägerin zweifelsfrei feststellen. Die Beklagte verweist auf Erklärungen des Erblassers gegenüber Dritten, denen er erklärt habe, dass er sie zur Alleinerbin einsetzen wolle, und weiter, dass er gegenüber der Klägerin bei der Zahlung eine Anrechnungsbestimmung auf den Pflichtteil getroffen habe. Abgesehen davon, dass nicht bekannt ist, wie zeitnah zu der Zuwendung diese Erklärungen erfolgt sind, ließe sich mit ihnen nie erweisen, dass der Erblasser gegenüber der Klägerin wirklich so deutlich geworden ist, wie er es später gegenüber Dritten darstellte.
Eine nachträgliche Anrechnungsbestimmung, die mit dem Schreiben vom 20. August 1997 (oder im Testament im Jahr 2003) getroffen worden sein könnte, ist grundsätzlich unbeachtlich. Zulässig wäre dies nur bei entsprechendem Vorbehalt, unter den Voraussetzungen der Pflichtteilsentziehung (§ 2333 BGB) oder mit Einwilligung des Pflichtteilsberechtigten in notarieller Form (Palandt/Edenhofer, § 2315 Rn 3). Nichts hiervon ist vorliegend einschlägig.