Das OLG prüft sodann, ausgehend von seiner Prämisse, dass § 7 des Gesellschaftsvertrags wirksam geändert wurde, ob sich die Befugnis des Testamentsvollstreckers zur Ausübung von Stimmrechten aus einer ergänzenden Testamentsauslegung ergäbe. Im Zentrum der Argumentation steht dabei nicht der Wille des Erblassers, sondern der Wortlaut des Testaments. Dabei wird die sog. "Andeutungstheorie", wonach das Testament wenigstens einen Anhaltspunkt für den aus Umständen außerhalb der Urkunde ermittelten Erblasserwillen enthalten muss,[10] wesentlich zu streng interpretiert. Eine Verpflichtung der Erbin, dem Testamentsvollstrecker eine Vollmacht zur Ausübung von Stimmrechten zu erteilen (sog. "Vollmachtslösung")[11] wird mit der Begründung abgelehnt, dessen Verwaltungsbefugnis sei auf den "Erbteil" beschränkt. Mit einer solchen Argumentation wird das OLG in den allermeisten Fällen eine Vollmachtslösung ablehnen können: Der Erblasser wird die Testamentsvollstreckung nämlich typischerweise auf den Erbteil beschränken; für eine andere Formulierung besteht im Zeitpunkt der Testamentserrichtung kaum ein Anlass. Entwicklungen wie im vorliegenden Fall, in dem sich der Gesellschaftsvertrag des Unternehmens des Erblassers ohne dessen Willen und unter Missachtung der von ihm seinerzeit vorgesehenen Schriftformklausel geändert haben soll, sieht im Zeitpunkt der Testamentserrichtung wohl niemand voraus.

[10] HM, vgl. RGZ 134, 272 (280); BGHZ 86, 41 (47); Ebenroth, Erbrecht, 1992, Rn 399; Leipold, FS Müller-Freienfels, 1986, S. 421 ff; Michalski, BGB-Erbrecht, 2. Auflage, Rn 341; Palandt/Edenhofer, § 2084 Rn 4.
[11] Haegele/Winkler, Der Testamentsvollstrecker nach bürgerlichem, Handels- und Steuerrecht, 17. Auflage, Rn 360; ausführlich Dörrie, Die Testamentsvollstreckung im Recht der Personenhandelsgesellschaften und der GmbH, 1994, S. 172 ff.

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