Bei der damit abverlangten Bestimmung des absoluten letzten Endzeitpunkts einer Testamentsvollstreckung ergab das Meinungsspektrum zu der Frage, auf welchen Testamentsvollstrecker bei der Endzeitbestimmung abzustellen ist, fünf Grundströmungen:
▪ |
Nach der Generationentheorie ist es der letzte Testamentsvollstrecker der zurzeit des Erbfalls bereits gelebt hat; ihren Namen verdankt diese Theorie den in den Protokollen festgehaltenen Überlegungen des historischen Gesetzgebers, nachdem sich bei Nacherbschaft und Vermächtnis ein einfaches Prinzip ergebe: "Nach dem Ablaufe der 30 Jahre werden nur Ereignisse berücksichtigt, welche sich in der zurzeit des Erbfalls lebenden Generation der Beteiligten ergeben.", |
▪ |
Nach der Amtstheorie ist es der letzte Testamentsvollstrecker, der vor Ablauf von 30 Jahren seit dem Erbfall in sein Amt berufen worden ist, |
▪ |
Nach der Kombinationstheorie kann auf beide der vorgenannten letzten Testamentsvollstrecker abgestellt werden, |
▪ |
Nach der Primattheorie kommt es ausschließlich auf den ersten Testamentsvollstrecker an und |
▪ |
Nach der Primatersatztheorie wird schließlich zusätzlich der noch vom Erblasser bestimmte Ersatztestamentsvollstrecker als Fristenanknüpfung zugelassen. |
Die erforderliche Abwägung des Für und Widers der fünf Theorien ist sodann nach den klassischen Auslegungsgeboten erfolgt. Dabei musste sich – was vielleicht zunächst verblüfft – nach den zuvor dargelegten Grenzmarkierungen zur Testierfreiheit nahezu zwangsläufig die Amtstheorie durchsetzen.
Das vorgestellte Prüfungsprogramm liegt konsequenterweise auch der "Jahrhundertentscheidung" zugrunde: "Bei Festlegung dieser Grenze – gemeint sind die Zeitgrenzen in § 2210 BGB – darf der einem Erblasser gesetzlich an die Hand gegebene, von ihm grundsätzlich voll ausschöpfbare Gestaltungsrahmen bei der Ernennung von Testamentsvollstreckernachfolgern nicht außer Acht gelassen werden." Da ist sie wieder, die Faustregel Nr. 1, im neuen Gewand mit noch klareren Farben.
Dann ist alles Weitere pro Amtstheorie vorgezeichnet: Nur sie beachtet die Wechselwirkung zwischen den gesetzlich eröffneten Gestaltungsräumen, die der Erblasser bei den Regelungen über die Testamentsvollstreckernachfolge und die Dauervollstreckung voll nutzen und nicht etwa nur kurz besichtigen darf. Generationen-, Primat- und Primatersatztheorie betrachten § 2210 BGB unter Ausblendung der Nachfolgeregelungen und nehmen dem Erblasser ohne sachliche Rechtfertigung dieses Instrument, das selbst keine Zeitgrenzen enthält, zum Teil aus der Hand. Mit anderen Worten: Bei den Gestaltungsinstrumenten fehlt die beschränkende Koppelung an die Person des Erblassers selbst und seine "Generation" als Gruppe von Personen, die beim Erbfall schon gelebt haben müssen. Erlaubt aber das erbrechtliche Instrumentarium diese Entpersonalisierung, wie sie der Kronprinz im Erbvertrag 1938 und Testament 1950 ausdrücklich hineingeschrieben hat, muss diesem Erblasserwillen gemäß § 2084 BGB Rechnung getragen werden. Der Gesetzgeber hat eine solche Trennung von Umständen aus der Erblassergeneration zugelassen, der Erblasser hat sich dessen bedient, wie es insbesondere die Ernennungsbefugnis durch den "Präsidenten des Deutschen Bundesgerichts" zeigt, zu dem er nun wirklich keine Beziehung vorweisen konnte. Nur das weitere Gestaltungsinstrument "Dauervollstreckung" selbst, so wie es der Gesetzgeber ausgestaltet hat, errichtet eine nicht zu überwindende Schranke, indem es mit § 2210 BGB – wie dargelegt – allein die Endlosschleife ausschließt.
Die Versuche der Vertreter der Generationentheorie, § 2210 BGB eine engere Schranke zu entnehmen, die über die Regeln beim Vermächtnis in § 2163 Abs. 1 Nr. 1 BGB und bei der Nacherbschaft in § 2109 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BGB an Personen anknüpft, die zurzeit des Erbfalls schon gelebt haben, müssen scheitern. Zwar hat sich der historische Gesetzgeber Gedanken darüber gemacht, dass den Vorschriften zu Zeitgrenzen "eine gewisse Willkür anhafte", dies aber hingenommen, weil erkennbar sei, dass "der Gesetzgeber ein einheitliches Prinzip bei der Aufstellung seiner Normen im Auge gehabt habe". Er hat dies aber in § 2210 BGB nicht eingehalten, denn Satz 3 verweist nur auf Abs. 2 der Vermächtnisregelung des § 2163 BGB und gerade nicht auf Abs. 1 Nr. 1, der es erlaubt, die Zeitgrenze an Personen zu knüpfen, die zurzeit des Erbfalls lebten. Ein Redaktionsversehen ist dies gewiss nicht. Durchgreifende Anhaltspunkte, die dennoch eine Analogie auch nur nahe legen könnten, waren nicht zu entdecken.
Zusammenfassend lässt sich feststellen: Allein die Amtstheorie, nach der es auf den letzten Testamentsvollstrecker ankommt, der bei Ablauf der 30-Jahres-Frist bereits im Amt war, ist mit Wortlaut, systematischer Wechselwirkung und dem Erblasserwillen – vor allem in Bezug auf die "Entpersonalisierung" und die maximale zeitliche Ausdehnung – reibungslos mit den gesetzlichen Regelungen und ihren Entstehungsviten in Übereinstimmung zu bringen.