1. Terminbestimmung
Sind die Voraussetzungen für den Anspruch gegeben, stellt sich die Frage nach der Vorbereitung und dem Ablauf der Aufnahme des Bestandsverzeichnisses. Das Gesetz schweigt sich hierzu weitgehend aus. Unter Beachtung der allgemeinen Regeln gilt Folgendes: Zunächst ist es an dem Auskunftspflichtigen, dem Pflichtteilsberechtigten Terminvorschläge zu unterbreiten. Zwischen dem Zeitpunkt des Vorschlags und den Terminen muss jeweils eine angemessene Zeitspanne liegen. Die Angemessenheit der Vorschläge bestimmt sich nach den Umständen des Einzelfalls vor allem mit Blick auf bekannte anderweitige Verpflichtungen. Der Erbe darf dem Pflichtteilsberechtigten nichts Unmögliches oder Unzumutbares abverlangen. Dabei ist es aus der Sicht aller Beteiligten geboten, mit den Terminvorschlägen nicht nur Datum und Anfangszeit zu nennen, sondern auch ein ungefähres Zeitfenster für die Dauer des Termins mitzuteilen. Dieses muss aber auch ausreichend bemessen sein. Versucht der Auskunftspflichtige aber, den Termin zu stark zu straffen, kann der Pflichtteilsberechtigte vom Erben einen Fortsetzungs-, ausnahmsweise mangels tauglicher Erfüllung sogar einen ganz neuen Termin verlangen.
2. Ort der Verzeichnisaufnahme
Deutlich problematischer ist die Frage, wo das Verzeichnis aufzunehmen ist. Zumeist fordert der Pflichtteilsberechtigte die Aufnahme des Nachlassverzeichnisses in der Wohnung des Erblassers. Der Pflichtteilsberechtigte bekommt einen authentischen und oft auch sehr aufschlussreichen Eindruck vom Nachlass. In der Praxis wird der begehrte Zutritt oft gewährt. Juristisch ist indes vorab zu unterscheiden: Soweit die vom Erblasser bewohnten Räumlichkeiten nicht mehr dem Zugriff des Erben unterliegen, kann dort eine Aufnahme des Verzeichnisses nicht mehr verlangt werden. Z. B. hat der Erbe in aller Regel auf frühere Räume des Erblassers in einem Altenheim, einer gekündigten und geräumten Mietwohnung etc. keinen Zugriff mehr. Gleiches gilt, wenn die Wohnung in Erfüllung eines Vermächtnisses bereits Dritten übertragen wurde. Ob jedoch die damit einhergehende objektive Vereitelung der Aufnahme des Verzeichnisses in der Wohnung des Erblassers, z. B. durch eine forcierte und mutwillige Veräußerung an Dritte, den Anspruch des Pflichtteilsberechtigten gegen den Erben auf Abgabe der eidesstattlichen Versicherung begründen kann, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Solch ein Verhalten legt jedenfalls den Verdacht nahe, dass ein Interesse besteht, gewisse Tatsachen nicht zu offenbaren. In diesen Fällen ist daher zu prüfen, ob Grund zu der Annahme besteht, dass das Nachlassverzeichnis nicht mit der notwendigen Sorgfalt im Sinne von § 260 Abs. 2 BGB aufgestellt wurde. Diese lässt der Erbe nicht walten, wenn sich aus seinem Verhalten das Bestreben ergibt, die Auskunftserteilung mit allen Mitteln zu verhindern, und dies auch aus dem vorprozessualen Verhalten bereits erkennbar wird.
Auch für die Fälle, in denen der Erbe Zugriff auf die Räumlichkeiten hat, trifft § 2314 Abs. 1 S. 2 Alt. 1 BGB selbst keine Regelung. Daher wird die Anwendbarkeit der §§ 809 ff BGB für § 2314 BGB diskutiert. § 809 BGB gibt demjenigen einen Anspruch auf Besichtigung der Sache, der gegen den Besitzer "einen Anspruch in Ansehung der Sache hat." Zumindest grundsätzlich wird die Anwendbarkeit von § 809 BGB für § 2314 BGB überwiegend bejaht.
Ausführlich und überzeugend hat sich insbesondere van der Auwera unter Gebrauch klassisch juristischer Methodik der Frage der grundsätzlichen Anwendbarkeit durch Auslegung der Vorschrift angenommen: Systematisch beantworten die §§ 809 ff BGB, unter welchen Umständen die Besichtigung von Sachen verlangt werden kann, die sich im Besitz einer anderen Person befinden. Diese Besichtigung dient der Vorbereitung eines Hauptanspruchs. In einer solchen Situation befindet sich auch der Pflichtteilsberechtigte. Er möchte seinen Pflichtteilsanspruch als Hauptanspruch beziffern und benötigt hierzu Informationen über die Nachlassgegenstände.
Historisch kann aus den Motiven einiger Erkenntnisgewinn gezogen werden. Es findet sich dort Folgendes: "Alleine die Angaben über den Wert würden für ihn (Anm. den Pflichtteilsberechtigten) ziemlich wertlos sein. Aufgrund der ihm erteilten Auskunft und allenfalls aufgrund der ihm nach § 774 (heute § 809 BGB) zu gestattenden Besichtigung ist (...) [er] in der Lage, sich über den Wert des Nachlasses zu unterrichten." Auch die teleologische Auslegung führt zu einer Anwendbarkeit des § 809 BGB im Rahmen des Auskunftsanspruchs des § 2314 Abs. 1 S. 2 Alt. 1 BGB. Mit dem Auskunftsanspruch soll dem Pflichtteilsberechtigten eine Klage auf seinen Pflichtteil in bestimmter Höhe möglich werden.
Trotzdem ist strittig, ob das aus § 809 BGB hergeleitete Besichtigungsrecht auch für die Wohnung des Erblassers gelten soll. Dies gilt zumindest, soweit die Wohnung des Erblassers als Ort der Aufnahme des Nachlassver...