Leitsatz
1. Zur Berücksichtigung einer zur Sicherheit für eine fremde Schuld bestellten Grundschuld im Rahmen einer ergänzungspflichtigen Schenkung (§§ 2325, 2329 BGB).
2. Die Ausgleichungspflicht des § 2057a BGB kann nur bei einem Pflichtteilergänzungsanspruch nach § 2325 BGB von Bedeutung sein, nicht jedoch im Rahmen des Pflichtteilsergänzungsanspruchs nach § 2329 BGB, bei dem es an einem vorhandenen bzw. zur Befriedigung des Ergänzungsberechtigten ausreichenden Nachlass fehlt.
Kammergericht, Beschluss vom 10. Juni 2010 – 16 U 8/10
Sachverhalt
Auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil wird unter Darstellung der nachfolgenden Ergänzungen Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO).
Mit der Berufung hat die Beklagte unter Vorlage eines notariellen Inventarverzeichnisses vom 4.3.2010 geltend gemacht, der Nachlass sei überschuldet. Sie erhebt insofern die Dürftigkeitseinrede nach § 1990 BGB. Vorsorglich erhebt sie auch die Einrede aus § 2328 BGB, da sie selbst pflichtteilsberechtigt sei.
Im Berufungstermin vor dem Senat am 17.5.2010 haben die Parteien übereinstimmend erklärt, dass sie den Nachlass der Erblasserin mit 0,00 EUR bewerten. Sie sind sich ferner darüber einig, dass der Wert des Grundstücks in K. zum Todestag der Erblasserin 95.000,– EUR betragen hat.
Die Beklagte rügt mit der Berufung, dass entgegen der Ansicht des Landgerichts die Belastung durch die Grundschuld bei der Übertragung des Grundstücks in K. an sie wertmindernd berücksichtigt werden müsse. Es handele sich insofern nicht, wie vom Landgericht angenommen, um eine zweifelhafte Verbindlichkeit im Sinne von § 2313 Abs. 2 S. 2 BGB, sondern um eine auflösend bedingte, die mit ihrem ganzen Betrag einzustellen sei. Zudem stütze das Landgericht die Annahme einer zweifelhaften Verbindlichkeit zu Unrecht auch darauf, dass eine Inanspruchnahme der Grundschuld nicht bevorstehe. Das Unternehmen des Ehemanns der Beklagten befinde sich aber in erheblichen finanziellen Schwierigkeiten. Bereits viermal sei ein Bedienen des Darlehens aus den laufenden Gewinnen des Unternehmens nicht möglich gewesen. Seitens der Sparkasse sei jeweils die Fälligkeit des gesamten Betrags und die Zwangsvollstreckung angekündigt worden.
Aufgrund der Dürftigkeitseinrede verbliebe dem Kläger letztlich nur der Anspruch aus § 2329 BGB, wobei dann auf den Wert des Grundstückes zum Zeitpunkt des Herausgabeverlangens abzustellen sei. Hierbei müsse berücksichtigt werden, dass derzeit die Bedienung des Darlehens nicht gesichert sei und aktuell das Risiko der Verwertung des Grundstücks aufgrund der Grundschuldbelastung bestehe. Zudem habe das vom Sachverständigen zu hoch bewertete Grundstück aufgrund erheblichen Schimmelbefalls weiter an Wert verloren.
Die Beklagte meint ferner, dass ihr gegen den Kläger ein Anspruch auf Ausgleichung wegen der von ihr geleisteten langjährigen Pflege der Erblasserin nach § 2057a BGB zustehe. Für die Ausgleichung sei ein Wert von 50.000,00 EUR zugrunde zulegen. (...)
Aus den Gründen
Die Berufung der Beklagten ist ganz überwiegend unbegründet. (...)
Nach der übereinstimmenden Erklärung der Parteien im Berufungstermin am 17.5.2010 ist der Wert des Nachlasses der Erblasserin mit 0,00 EUR zu bewerten. Damit scheidet der ursprünglich vom Kläger geltend gemachte Pflichtteilsergänzungsanspruch gemäß § 2325 BGB aus, weil es sich bei diesem Anspruch um eine Nachlassverbindlichkeit handelt, die nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (z. B. BGH ZEV 2000, 274) einen vorhandenen Nachlass als Haftungsgegenstand voraussetzt, an dem es vorliegend fehlt.
Der Kläger hat dementsprechend im Berufungstermin am 17.5.2010 seine Klage umgestellt. In dem Übergang vom Zahlungsanspruch des § 2325 BGB zum Herausgabeanspruch des § 2329 BGB gegen dieselbe Beklagte liegt keine unzulässige Klageänderung, da es sich in beiden Fällen um Pflichtteilsergänzungsansprüche handelt, die dem gleichen Endziel dienen und sich nur durch Art und Umfang der Haftung unterscheiden (BGH NJW 1974, 1327). Der Anspruch geht bei anderen als Geldgeschenken auf Duldung der Zwangsvollstreckung in den geschenkten Gegenstand wegen eines bestimmten Geldbetrags (BGH NJW 1983, 1485, 1486).
1. Dem Kläger steht ein solcher Anspruch auf Duldung der Zwangsvollstreckung in das im Eigentum der Beklagten stehende Hausgrundstück in K. wegen eines Fehlbetrags in Höhe von 23.750,– EUR nebst anteiligen Zinsen zu (§ 2329 Abs. 1 Satz 1 BGB).
Das Landgericht hat zu Recht festgestellt, dass die Erblasserin der Beklagten eine ergänzungspflichtige Schenkung in Form der unentgeltlichen Zuwendung des Hausgrundstücks in Kiel gemacht hat.
a) In der Grundschuldbestellung im Jahre 1995 ist dagegen keine Schenkung zu sehen, deren Wert von der Schenkung des Grundstücks im Jahre 2003 abgezogen werden müsste. Denn die Erblasserin hat der Beklagten das Grundstück im Jahre 1995 nur als Kreditunterlage zur Verfügung gestellt. Im Falle der dinglichen Zwangsvollstreckung bzw. einer Abwendung der Zwangsvollstreckung durch die Erblasserin wäre die Forderung ...