Der Taterfolg der Steuerhinterziehung setzt die Steuerverkürzung oder die Erlangung nicht gerechtfertigter Steuervorteile (§ 370 Abs. 1 AO) voraus. Lassen die von den Erben erhaltenen Informationen auf bislang nicht ermittelte Steueransprüche des deutschen Fiskus schließen, sollte eine Anzeige und Berichtigung deutscher Steuererklärungen des Erblassers erfolgen. Andernfalls setzen sich die Erben in Deutschland dem Strafbarkeitsrisiko wegen Steuerhinterziehung durch Unterlassen aus (§ 370 Abs. 1 Nr. 2 AO).
aa) Einkünfte aus Kapitalvermögen – insb. Dividenden und Zinsen
Bei Dividendenausschüttungen an in Deutschland wohnhafte Anteilseigner ist grundsätzlich Deutschland als Wohnsitzstaat das Besteuerungsrecht zugewiesen (Art. 10 Abs. 1 DBA-Schweiz), wenn die ausschüttende Gesellschaft in der Schweiz ansässig ist. Dieselbe Besteuerungsfolge gilt bei Zinszahlungen aus der Schweiz an den in Deutschland wohnhaften Zahlungsempfänger (Art. 11 Abs. 1 DBA-Schweiz).
Bis 1.1.2017 erfolgte die Zinsbesteuerung im deutsch-schweizerischen Verhältnis per anonymen Quellensteuer-Einbehalt in der Schweiz in Höhe von 35 %. Die Schweiz hatte sich gegenüber den EU-Mitgliedstaaten aufgrund der Zinsrichtlinie 2003/48/EG verpflichtet, jene Regelungen zur Zinsbesteuerung anzuerkennen. Das sog. Zinsbesteuerungsabkommen trat am 1.7.2005 in Kraft. Der Quellensteuersatz betrug ab 1.7.2011 35 %. In Deutschland wurde die Zinsrichtlinie aufgrund der sog. Zinsinformationsverordnung (ZIV) umgesetzt. Für die in der Schweiz erhobene Quellensteuer galt – unter Ausschluss der DBA-Anrechnungsvorschriften –, dass die Steueranrechnung im Festsetzungsverfahren aufgrund gesonderter Anrechnungsverfügung zu erfolgen hat (Art. 14 Abs. 2 ZIV).
Am 1.1.2017 trat jedoch das zwischen der Schweiz und der EU unterzeichnete Abkommen über den automatischen Informati-onsaustausch über Finanzkonten zur Förderung der Steuerehrlichkeit bei internationalen Sachverhalten (sog. AIA-Abkommen) in Kraft, welches das seit 2005 bestehende Zinsbesteuerungsabkommen mit der EU ersetzen soll. Das Abkommen ermöglicht den Austausch von seit dem 1.1.2018 erhobenen Finanzkonto-Informationen. Ein erstmaliger Austausch ist seitens der Schweiz für den Herbst 2019 geplant.
bb) Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung
Bei in der Schweiz belegenen Immobilien eines in Deutschland wohnhaften Erblassers ist mit Blick auf eine mutmaßliche Steuerverkürzung in Deutschland zu differenzieren:
Gem. Art. 6 Abs. 1 DBA-Schweiz werden Einkünfte aus unbeweglichem Vermögen in dem Vertragsstaat besteuert, in dem das Vermögen liegt. Aufgrund des Wohnsitzes des Erblassers in Deutschland (§ 8 AO) war jener mit seinem Welteinkommen in Deutschland steuerpflichtig (§ 1 Abs. 1 S. 1 EStG); die Doppelbesteuerung wird im Ansässigkeitsstaat (Deutschland) bei Einkünften aus Vermietung und Verpachtung aus der Schweiz vermieden, indem jener Staat gem. Art. 24 Abs. 1 Nr. 2 DBA-Schweiz die in der Schweiz abgeführte Einkommensteuer auf die Einkommensteuer in Deutschland anrechnet.
Unilateral wird dem Erblasser ein Wahlrecht zwischen Steueranrechnung oder Freistellung der Einkünfte unter Progressionsvorbehalt bei Einkünften aus Vermietung und Verpachtung einer im Ausland belegenen Immobilie gewährt (siehe §§ 34 c Abs. 1, 2; 34 d Nr. 7 EStG iVm § 32b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG). Dass das DBA die Anrechnungsmöglichkeit vorsieht, ist nicht weiter erheblich. Im Ergebnis können die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung von der Bemessungsgrundlage in Deutschland ausgenommen sein, und lediglich zur Ermittlung des persönlichen Steuersatzes wiederum herangezogen werden.
Aufgrund der dargestellten Gründe dürfte sich das wirtschaftliche Ausmaß einer Anzeige- und Berichtigung durch die Erben (§ 153 Abs. 1 S. 2 AO) hinsichtlich schweizerischer Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in Grenzen halten. Allenfalls käme eine Steuerverkürzung in Betracht, wenn der höhere Einkommensteuertarif gemäß Progressionsvorbehalt in Deutschland zu einer höheren Einkommensteuerschuld des Erblassers führt. Hierbei ist freilich zu beachten, dass bei einer Besteuerung gemäß Grenzsteuersatz der Progressionsvorbehalt keinerlei wirtschaftliche Auswirkungen mehr hat.