1. Zweck
Nach § 1970 BGB können die Nachlassgläubiger im Wege des Aufgebotsverfahrens vom Nachlassgericht zur Anmeldung ihrer Forderungen aufgefordert werden. Damit sollen die Erben einen besseren Überblick über die Nachlassverbindlichkeiten erhalten können, um gegebenenfalls eine Haftungsbeschränkung durch Antrag auf Nachlassverwaltung oder Nachlassinsolvenz (§ 1975 BGB) herbeiführen zu können; das Aufgebot erleichtert dem Testamentsvollstrecker die Aufteilung des Nachlasses, dem Nachlasspfleger die Gläubigerbefriedigung. Vor allem beschränkt es die Haftung dieser Personen (unten 5.b)).
Das Verfahren richtet sich nach den §§ 454 ff. FamFG. Eine Frist besteht nicht, ebenso wenig Anwaltszwang. Ob beim Amtsgericht die Prozessabteilung (Aktenzeichen C) oder das Nachlassgericht (Aktenzeichen VI) zuständig ist, ist streitig. Seit Verschiebung des Aufgebotsverfahrens von der ZPO in das FamFG (1.9.2009), den Wegfall der mündlichen Verhandlung und die Ersetzung des Ausschlussurteils durch einen Beschluss kann man die Zuständigkeit des Nachlassgerichts nicht mehr bezweifeln. Funktionell zuständig ist der Rechtspfleger (§ 3 Nr. 1c RPflG).
2. Der Antrag des Erben
Beispiel:
Ich beantrage
- das Aufgebot der Nachlassgläubiger
- anschließend den Erlass des Ausschließungsbeschlusses.
Ich bin Alleinerbe des am … in … verstorbenen X (Aktenzeichen) und beantrage den Erlass des Aufgebots nach § 1970 BGB. Ich hafte noch nicht unbeschränkt für die Nachlassverbindlichkeiten. Ein Verzeichnis der mir bekannten Nachlassgläubiger mit Angabe der Forderung und der jeweiligen Anschrift ist beigefügt. Ein Nachlassinsolvenzverfahren ist nicht beantragt. Der Wert des Aktivnachlasses beträgt … EUR.
Antragsberechtigt sind auch Nachlasspfleger, Testamentsvollstrecker, Nachlassverwalter (§ 455 Abs. 2 FamFG).
3. Aufgebot
Wird dem Antrag stattgegeben, wird das Aufgebot vom Nachlassgericht im elektronischen Bundesanzeiger unter Fristsetzung veröffentlicht. Den in der Anmeldung angegebenen Gläubigern ist der Beschluss zuzustellen. Die Aufforderung an unbekannte Gläubiger lautet nach § 458 FamFG "… anzumelden, da sie andernfalls vom Erben Befriedigung nur insoweit verlangen können, als sich nach Befriedigung der nicht ausgeschlossenen Gläubiger noch ein Überschuss ergibt".
4. Ausschließungsbeschluss
Beim Nachlassgericht haben auch die Gläubiger ihre Forderung anzumelden, die vom Erben (bzw. Nachlasspfleger, Testamentsvollstrecker usw.) in seinem Antrag bereits angegeben wurden. Erfolgen keine Anmeldungen, werden die weiteren Gläubiger "ausgeschlossen". Andernfalls wird eingefügt: "Folgende Gläubiger haben ihre Rechte angemeldet …"
5. Wirkungen des erlassenen Aufgebots
a) Einrede
Der Erbe kann die Befriedigung eines Nachlassgläubigers, der sich nicht gemeldet hat und demgemäß dann ausgeschlossen wurde, insoweit verweigern, als der Nachlass durch die Befriedigung der nicht ausgeschlossenen Gläubiger erschöpft ist (§ 1973 BGB); ist noch ein Überschuss vorhanden, ist er nach Bereicherungsgrundsätzen (in beliebiger Reihenfolge) herauszugeben; ist kein Überschuss mehr vorhanden, erhalten die ausgeschlossenen Gläubiger später nichts mehr. Das ist nicht zu verwechseln mit der Dürftigkeitseinrede des § 1990 BGB. Aus seinem Privatvermögen muss der Erbe die ausgeschlossenen Gläubiger also nicht befriedigen. Meldet sich ein Gläubiger rechtzeitig, dann ist er im Rahmen des § 2046 BGB zu befriedigen.
b) Beschränkung der Haftung
Ab Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit bzw. Überschuldung des Nachlasses hat der Erbe unverzüglich die Eröffnung des Nachlassinsolvenzverfahrens zu beantragen; andernfalls haftet er mit seinem Eigenvermögen (§ 1980 Abs. 1 BGB). Als Kenntnis gilt auch fahrlässige Unkenntnis (§ 1980 Abs. 2 S. 1 BGB). Als Fahrlässigkeit gilt es insbesondere, wenn der Erbe kein Aufgebot beantragt, obwohl er Grund hatte, das Vorhandensein unbekannter Nachlassverbindlichkeiten anzunehmen (§ 1980 Abs. 2 S. 2 BGB). Wann ist das der Fall? Etwa wenn bei einem Handwerker mit Gewährleistungsansprüchen zu rechnen ist. Durch das Aufgebot beschränkt also der Erbe seine Haftung, weil sie ihn nur noch bei positiver Kenntnis trifft; er verringert die Gefahr, dass nicht befriedigte Nachlassgläubiger bei ihm Rückgriff nehmen.
c) Quotenhaftung
Bei Miterben haftet ein Miterbe den Nachlassgläubigern auch nach Teilung des Nachlasses noch voll und nicht nur mit seiner Erbquote, weil grundsätzlich vor Teilung die Nachlassverbindlichkeiten zu befriedigen gewesen wären (§ 2046 BGB). Wenn aber ein Gläubiger im Aufgebotsverfahren "ausgeschlossen" wurde, dann haftet jeder Miterbe nur noch i...