1. Allgemeines
Das deutsche Erbrecht begrenzt die Zahl der Erbordnungen nicht (§ 1929 BGB), es geht bis zu Adam und Eva zurück; anders als teilweise im Ausland (Österreich z.B. begrenzt das gesetzliche Erbrecht auf vier Linien; die Schweiz auf drei Parentel). Theoretisch gibt es also immer einen Verwandten, der gesetzlicher Erbe ist; rein praktisch kann er oft nicht festgestellt werden, weil Existenz und Aufenthalt von entfernten Verwandten nicht ermittelt werden können sowie alte Urkunden zum Nachweis der Abstammung fehlen. Dann ist der Fiskus des Bundeslandes, in dem der Erblasser lebte, zum Erben berufen (§ 1936 BGB); die Vorschrift ist missverständlich, wenn sie von nicht vorhandenen Verwandten spricht, denn ein Verwandter ist immer vorhanden, man findet ihn nur nicht. Im Jahre 2016 wurde bundesweit in über 8.500 Fällen das Staatserbrecht festgestellt (ca 1 % der Todesfälle) und der Staat nahm 2016 netto über 32 Millionen EUR ein. Der Nachlass fließt in den Staatshaushalt.
Der Staat kann die Erbschaft nicht ausschlagen (§ 1942 Abs. 2 BGB). Den Nachlassgläubigern muss der Staat aber Auskunft über den Bestand des Nachlasses geben (§ 2011 S. 2 BGB). Ist der Nachlass überschuldet, beantragt der Staat ein Nachlassinsolvenzverfahren oder die Anordnung einer Nachlassverwaltung (§ 1975 BGB). Kann weder das eine noch das andere aus dem Nachlass finanziert werden, wendet der Staat gegenüber den Gläubigern Dürftigkeit ein (§§ 1990, 1991 BGB); jedenfalls "zahlt er nicht drauf".
2. Ermittlungen
Der Feststellung des Fiskus-Erbrechts müssen Ermittlungen (d.h. die Suche nach Erben) vorausgehen, wie der Wortlaut des § 1964 BGB zeigt. Die Ermittlungen kann das Nachlassgericht selbst anstellen oder damit einen Nachlasspfleger beauftragen. Wie lange zu ermitteln ist, ob auch im Ausland zu ermitteln ist und ob spezialisierte Personen wie z.B. gewerbliche Erbenermittler vom Nachlasspfleger einzuschalten sind, sagt das Gesetz nicht. Diskutiert wird lediglich, ob auch bei geringwertigem oder überschuldetem Nachlass zu ermitteln ist; das wird teils bejaht; zutreffend ist die Verneinung, jedenfalls ist die Ermittlung dann stark eingeschränkt. Wurde wegen Überschuldung ausgeschlagen, ist es ermessensfehlerhaft, zahlreiche weitere (gebührenpflichtige) Ausschlagungen anzusammeln; niemand wird diese Erbschaft annehmen.
3. Aufgebot
Waren die Ermittlungen erfolglos, kommt ein Aufgebot im eBAnz in Frage; dafür ist das Nachlassgericht zuständig (Aktenzeichen VI), nicht etwa die Zivilabteilung des Amtsgerichts (Aktenzeichen C); das ist spätestens seit Verschiebung des Aufgebotsverfahrens von der ZPO in das FamFG (2009) eindeutig, trotzdem finden sich noch vereinzelt Beschlüsse der Zivilabteilung im eBAnz.
Die Aufforderung (aber nicht die Ermittlung) "darf unterbleiben, wenn die Kosten der Aufforderung dem Bestand des Nachlasses gegenüber unverhältnismäßig groß sind" (§ 1965 Abs. 1 2 BGB). "Darf" heißt nicht "muss". Mit "Bestand" ist vermutlich der Aktivnachlass gemeint. Gerichtsgebühren entstehen für den Aufgebots- und Ausschließungsbeschluss nicht. Die Kosten des Aufgebots bestehen nur in den Auslagen, die an den eBAnz zu zahlen sind (vgl. Nr. 31004 KV GNotKG); sie ergeben sich aus der Preisliste des eBAnz (siehe oben I.). Die Praxis ist zur Frage, ob auch bei überschuldeten oder mittellosen Nachlässen das Staatserbrecht festzustellen ist, unterschiedlich. Jedenfalls hat ein Nachlasspfleger seine Erbensuche ab Kenntnis von der Überschuldung einzustellen, seine weiteren Stunden werden nicht vergütet, denn kein entfernter Verwandter nimmt eine solche Erbschaft an; gewerbliche Erbermittler werden ohnehin erst ab ca. 30.000 EUR Reinnachlass tätig.
Jedenfalls dann, wenn nicht einmal diese Auslagen gedeckt sind, ist es ermessensfehlerhaft, die Aufforderung in den eBAnz einzurücken. Dem kann man nicht entgegenhalten, die "Ordnungsfunktion als Regelungszweck des § 1936 BGB" gebiete Ermittlungen und Feststellung des Fiskuserbrechts. Zwar bringt dies dem Nachlassgläubiger einen Beklagten, während er andernfalls nach § 1961 BGB die Bestellung eines Nachlasspflegers durchsetzen müsste, was angesichts der Überschuldung wenig Erfolgsaussicht hat; aber da eben kein Geld da ist, besteht in der Regel kein Rechtschutzbedürfnis.
Wird der Erbe nicht innerhalb einer den Umständen entsprechenden Frist ermittelt, so hat das Nachlassgericht (Rechtspfleger) durch Beschluss festzustellen, dass ein anderer Erbe als der Fiskus (d.h. das jewe...