I. Der Erblasser errichtete am 18.5.1939 das folgende handschriftliche Testament:
Zitat
"Mein Testament"
Hierdurch widerrufe ich alle früheren letztwilligen Verfügungen und bestimme Folgendes:I. Zum Alleinerben bestimme ich meinen Neffen, Dr. H. G. in Breslau, … und im Falle seines Ablebens dessen Abkömmlinge zu gleichen Teilen untereinander.II. E. A. in Breslau ist auf jeden Fall von der Erbschaft ausgeschlossen.III. An Vermächtnissen sollen erhalten:1. Meine Schwester, Frau C. G. in Breslau: Zehn Prozent des Reinnachlasses … 2. Fräulein W. F. B.-B.: Meine Haushälterin soll 8.000 RM (Achttausend Reichsmark) erhalten für ihre aufopfernde Pflege während meiner langen Krankheitsdauer, für welche eine Entschädigung in Lohn nicht enthalten war.3. Fräulein C. F., B.-B. … 2000 RM (Zweitausend Reichsmark) – für geleistete Dienste.4. Fräulein M. S., B.-B. … 5000 RM (Fünftausend Reichsmark) – für geleistete Dienste.5. Fräulein A. S., B.-B. … 5000 RM (Fünftausend Reichsmark) – für geleistete Dienste.IV … V. Zu meinem Testamentsvollstrecker ernenne ich hierdurch Herrn Konsulent H. H. in B.-B. gegen eine angemessene Vergütung aus dem Nachlass. …“
Am 15.7.1939 verfasste der Erblasser folgenden handschriftlichen Nachtrag zu seinem Testament vom 18.5.1939:
Zitat
"Da mein Neffe, Dr. H. G., nach New York ausgewandert ist, bestimme ich zu meinem Alleinerben meine Schwester C. G. … Sollte diese nicht mehr am Leben sein, so soll mein Vermögen nach Berücksichtigung der Vermächtnisse an die J. Gemeinde B.-B. übergehen zur Unterstützung hilfsbedürftiger Juden. …"
Frau C. G. verstarb am 11.11.1939. Der Erblasser verstarb am 21.7.1940. Das Testament und der Nachtrag wurden am 31.7.1940 eröffnet. Herrn Konsulent Dr. H. H. wurde am 13.8.1940 ein Testamentsvollstreckerzeugnis erteilt. Der Wert des Nachlasses wurde durch ihn im August 1940 mit 285.000 bis 290.000 RM veranschlagt.
Der Polizeidirektor in Baden-Baden richtete am 5.9.1940 ein Schreiben an das Notariat Baden-Baden als Nachlassgericht. Darin wies er darauf hin, dass das Badische Landesmuseum Interesse an einer in der Erbmasse befindlichen größeren Sammlung von Kunstgegenständen bekundet habe, und bat, die Beschlagnahme näher bezeichneter Kunstgegenstände zugunsten des Reichspropagandaamts auszusprechen sowie die Überführung an das Badische Landesmuseum in Karlsruhe durchführen zu lassen. Mit Schreiben vom 13.9.1940 teilte der Polizeidirektor in Baden-Baden mit, dass eine Beschlagnahme durch das Notariat nicht möglich sei und er den Sachverhalt dem Innenministerium in Karlsruhe vorgelegt habe. Am 3.10.1940 informierte der Polizeidirektor in Baden-Baden darüber, dass es Sache des Badischen Landesmuseums sei, ein Vorkaufsrecht nach § 14 der Verordnung über den Einsatz jüdischen Vermögens vom 3.12.1938 (RGBl 1938 I S. 1709) durch die öffentliche Ankaufstelle durchführen zu lassen. Mit Schreiben vom 17.10.1940 wurde der Testamentsvollstrecker darauf hingewiesen, dass die Kunstgegenstände insbesondere Porzellansammlung aus dem Nachlass unter § 14 der Verordnung über den Einsatz jüdischen Vermögens fielen; gleichzeitig wurde der Testamentsvollstrecker aufgefordert, sich umgehend mit dem Direktor des Badischen Landesmuseums "wegen der Verwertung der Sammlung" in Verbindung zu setzen.
Am 22. und 23.10.1940 wurden über 6.500 badische, pfälzische und saarländische Juden festgenommen und in das Internierungslager Gurs am Fuße der südfranzösischen Pyrenäen verschleppt (zur Deportation der Juden aus Baden: Teschner, Die Deportation der badischen und saarpfälzischen Juden am 22.10.1940, Frankfurt a.M. 2002, S. 71 ff.; Landeszentrale für politische Bildung, Die Deportation der badischen und saarpfälzer Juden in das Internierungslager Gurs in den Pyrenäen, Stuttgart 2010, S. 16 ff. m.w.N.). Zu den Deportierten gehörte auch Herr Dr. H. H. (Verzeichnis der am 22. Oktober aus Baden ausgewiesenen Juden, Stadtkreis Baden-Baden, abgedr. in: Landeszentrale für politische Bildung, Die Deportation der badischen und saarpfälzer Juden in das Internierungslager Gurs in den Pyrenäen, Stuttgart 2010, S. 29). Das Nachlassgericht vermerkte am 25.10.1940, dass sich Herr Konsulent Dr. H. H. seit 23.10.1940 "nicht mehr im Reichsgebiet befindet" und ernannte als seinen Nachfolger als Testamentsvollstrecker Herrn Bankkaufmann V. Ihm wurde unter dem 26.10.1940 ein Testamentsvollstreckerzeugnis erteilt.
Mit Schriftsatz vom 17.9.1940 erklärte Herr Konsulent Dr. K. M. für Herrn E. A. die Anfechtung nach § 48 des Testamentsgesetzes vom 31.7.1938, da Herr E. A. das einzig überlebende Kind der Schwester des Erblassers M. A. sei, er infolge einer Kriegsverletzung eine Hilfsbedürftigkeit aufweise und unter diesen Umständen die Zurücksetzung des leiblichen Verwandten "in einer dem gesunden Volksempfinden gröblich widersprechenden Weise" zur Nichtigkeit des Testaments führe. Herr Konsulent Dr. K. M. erklärte mit Schriftsatz vom 27.9.1940 auch für Herrn A. B. und Frau E. B. als Urenkel des Großvaters des Erblassers die Anfechtung nac...