aa) Wohnungsrecht
Das zweite Ziel der Steuerbefreiung ist die "Lenkung in das Grundvermögen". Bürger sollen einen Anreiz erhalten, statt zur Miete zu wohnen, ein umfassendes, originäres Recht an ihrer Wohnung mit Ausschließungsbefugnis zu erwerben. Wenn Familien ein solches Recht an ihrer Wohnung haben, diene das dazu, das Familienwohnheim "krisenfest" zu erhalten. Vor diesem Hintergrund erscheint es nachvollziehbar, dass der II. Senat den Erwerb eines Wohnungsrechts nicht unter den Begriff "Eigentum" subsumierte. Ein Wohnungsrecht ist nur ein eingeschränktes Recht auf Zeit. Eingeschränkt ist es, da es nur zur Nutzung zu Wohnzwecken berechtigt. Der Eigentümer einer Sache ist dazu befugt, diese umfassend zu nutzen. Da das Wohnungsrecht nicht vererblich ist, entfällt es spätestens mit dem Tod des Inhabers (§§ 1090 Abs. 2, 1061 BGB). Die Familie könnte daher nicht dauerhaft in dem Gebäude wohnen und das Familienheim wäre weniger krisenfest. Das Wohnungsrecht ist eine Art "verdinglichte Miete", es stellt jedoch kein Grundvermögen im Sinne der Steuerbefreiung dar. Das Telos der Steuerbefreiung spricht daher gegen eine Einbeziehung des Wohnungsrechts.
bb) Anwartschaftsrecht
Das Anwartschaftsrecht wiederum ist nicht bloß ein beschränktes Nutzungsrecht, sondern zivilrechtlich ein originäres und dem Vollrecht wesensgleiches Recht. Das Anwartschaftsrecht ist verkehrsfähig und vererblich. Es kann seinem Inhaber durch beeinträchtigende Verfügungen des Eigentümers nicht mehr entzogen werden. Mit der Eintragung in das Grundbuch erstarkt das Anwartschaftsrecht zum Vollrecht. Es wäre wertungswidersprüchlich, die Steuerbefreiung von dem Zufall und der Geschwindigkeit des Grundbuchamts abhängig zu machen. Letztlich würde es dem Telos, Lenkung in das Grundvermögen, sogar entgegenwirken, würde man die Steuerbefreiung nur bei zivilrechtlichem Eigentum gewähren. Würden Anwartschaftsrechte nämlich nicht in den Tatbestand der Steuerbefreiung einbezogen, entfiele der Anreiz zum Erwerb des eigenen Familienheims, sobald Unsicherheiten bestehen, ob der Erwerber bis zu der Grundbucheintragung überlebt. In diesem Fall könnte der Erblasser versuchen, eine Steuerbefreiung auf anderen Wegen, beispielsweise durch Einlage in das Betriebsvermögen (vgl. §§ 13a, 13b ErbStG), zu erreichen. Statt einer streng zivilrechtsakzessorischen Auslegung entspräche es daher eher dem Telos der Norm, die Steuerbefreiung wirtschaftlich-teleologisch auszulegen. Die Lenkungs- und Sozialzwecke der Steuerbefreiung sprechen dafür, neben dem zivilrechtlichen Eigentum wirtschaftlich gleichgelagerte Fälle wie das Anwartschaftsrecht zu erfassen. Die Auslegung führt daher meines Erachtens entgegen der Auffassung der Rechtsprechung zu einem wirtschaftlich-teleologischen Verständnis des Begriffs "Eigentum", das auch Anwartschaftsrechte umfasst.