I.

Auf Antrag der Beteiligten zu 1 stellte das Nachlassgericht am 22.1.2018 ein für die Dauer von sechs Monaten gültiges Europäisches Nachlasszeugnis aus, ausweislich dessen die Beteiligte zu 1 Erbin des Erblassers aufgrund notariell errichteter letztwilliger Verfügung vom 2.2.1973 ist. Als weiterer Erbe zu ½ wurde der Beteiligte zu 2 aufgeführt. Bereits am 15.11.2016 hatte der Beteiligte zu 2 mit notariell beurkundetem Vertrag seinen Erbanteil auf die Beteiligte zu 1 übertragen.

Zum Nachlass gehört eine Eigentumswohnung in … in Polen. Den unter Vorlage des Europäischen Nachlasszeugnisses vom 22.1.2018 von der Beteiligten zu 1 gestellten Antrag auf Eintragung als Alleineigentümerin wies das zuständige Gericht in Polen zurück. Nach dem erstinstanzlichen Vorbringen der Beteiligten zu 1 hätten die polnischen Behörden den Grundbesitz nicht dem Nachlass zuordnen können.

Um ihre Eintragung in Polen erreichen zu können, hat die Beteiligte zu 1 am 15.8.2019 beim Nachlassgericht ein Europäisches Nachlasszeugnis beantragt, das den Grundbesitz in Polen ausdrücklich als Nachlassgegenstand aufführt. Mit Schriftsatz ihres Verfahrensbevollmächtigten vom 13.2.2020 hat sie diesen Antrag wiederholt und hilfsweise beantragt, dass zusätzlich zur Angabe ihres Erbteils ein Hinweis auf die Erbteilsübertragung vom 15.11.2016 und seine dingliche Wirkung auf sämtliche Nachlassgegenstände im Nachlasszeugnis aufgenommen werde. Sie meint, trotz der Formstrenge des Europäischen Nachlasszeugnisses sei es möglich und nach Sinn und Zweck des Zeugnisses – die Erleichterung der Durchsetzung von Rechten bei einem Erbfall mit grenzüberschreitendem Bezug – auch geboten, im Zeugnis bestimmte Vermögenswerte anzugeben, die einem bestimmten Erben zustehen sollen. Jedenfalls diene es dem Zweck des Nachlasszeugnisses, wenn eine Erläuterung über die nach deutschem Recht unzweifelhaft eintretende Rechtsfolge des Erbteilsübertragungsvertrages vom 15.11.2016, aufgrund dessen sie auch dingliche Eigentümerin aller Nachlassgegenstände geworden sei, im Zeugnis aufgenommen würde.

Das Nachlassgericht hat mit Beschl. v. 9.4.2020 die Anträge vom 13.2.2020 zurückgewiesen. Die Aufnahme des Grundbesitzes in das Europäische Nachlasszeugnis sei nicht zulässig, da entsprechende Angaben nicht in Art. 68 EuErbVO vorgesehen seien; insbesondere liege kein Fall der Zuweisung eines Nachlassgegenstandes mit dinglicher Wirkung durch den Erblasser vor, Art. 68 Buchstabe l) EuErbVO, denn nach deutschem Recht liege eine Universalsukzession vor. Mit dem Erbteilskauf erwerbe der Erwerber auch lediglich einen schuldrechtlichen Anspruch auf (dingliche) Übertragung des Erbteils im Ganzen. Die Auflistung in Art. 68 EuErbVO sei abschließend. Das entspreche auch der Ratio der Norm, eine in allen Mitgliedsstaaten standardisierte Bescheinigung zu schaffen. Die Vermutungswirkung des Art. 69 EuErbVO gelte für informatorische Angaben im Nachlasszeugnis ohnehin nicht. Es entspreche auch nicht dem Willen des Verordnungsgebers, einzelne Nachlassgegenstände zur Bescheinigung ihrer Nachlasszugehörigkeit im Zeugnis aufzuführen (Erwägung Nr. 71 EuErbVO). Auch die hilfsweise beantragte Aufnahme des Erbteilskaufs sei nicht in Art. 68 EuErbVO vorgesehen. Zwar sei es möglich, eine Erbannahme oder eine Ausschlagung anzugeben; davon unterscheide sich jedoch der Erbteilskauf, der den veräußernden Erben lediglich mit einer Forderung belaste.

Gegen den ihren Verfahrensbevollmächtigten am 24.4.2020 zugestellten Beschluss wendet sich die Beteiligte zu 1 mit ihrer am 25.5.2020 eingegangenen Beschwerde, mit der sie sowohl ihr Haupt- als auch ihr Hilfsbegehren weiterverfolgt. Sie führt aus, das polnische Gericht habe die Auffassung vertreten, der Erbteilskauf habe die Immobilie in Polen nicht erfasst. Jene Ansicht widerspreche dem richtigerweise anzuwendenden deutschen Recht. Der von ihr begehrte Zusatz im Nachlasszeugnis würde entsprechendes dem polnischen Gericht deutlich machen und die Umschreibung des Eigentums in Polen ermöglichen bzw. erleichtern.

Das Nachlassgericht hat am 10.7.2020 einen Nichtabhilfe- und Vorlagebeschluss erlassen. Es hat ausgeführt, soweit das polnische Gericht eine dem anzuwendenden deutschen Recht widersprechende Auffassung vertrete, sei die Beteiligte zu 1 auf das dortige Rechtmittel zu verweisen.

(…)

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