a) EStG
Bei Ausschlagung einer Erbschaft gegen Entgelt wird einkommensteuerlich eine Veräußerung unterstellt, ggf. mit Gewinnrealisierung etwa nach § 23 EStG, denn nach dem BMF steht die Ausschlagung der Erbschaft gegen eine Abfindung der entgeltlichen Veräußerung des Erbteils gleich.
Die Ausschlagung eines Vermächtnisses ist nicht im BMF-Schreiben geregelt. Hier wird im Ergebnis keine Entgeltlichkeit unterstellt werden können, denn der Vermächtnisnehmer erwirbt den Vermächtnisgegenstand aufgrund des im deutschen Recht lediglich schuldrechtlich wirkenden Vermächtnisses (§ 2174 BGB) erst mit Aushändigung durch den Erben.
Das ertragsteuerliche Problem der Fiktion einer Veräußerung des Erbanteils bei Ausschlagung einer Erbschaft gegen Abfindung stellt sich bei Ausschlagung eines Vermächtnisses äußerstenfalls dann, wenn der Vermächtnisnehmer zuvor wirtschaftlicher Eigentümer bereits mit dem Erbfall geworden wäre. Die Ausschlagung eines Vermächtnisses verhindert aber auch dann den erstmaligen originären zivilrechtlichen Erwerb von Erbschaftsgegenständen durch den Vermächtnisnehmer (anders beim Erben, der seine Erbenstellung nicht rückwirkend im Ertragsteuerrecht beseitigen kann). Unabhängig von einer etwaigen vorherigen Zurechnung von Einkünften an den Vermächtnisnehmer kann deshalb – anders als bei der Ausschlagung der Erbschaft – ein noch nicht zivilrechtlich erworbenes Vermächtnis nicht zuvor veräußert werden. Deshalb wird im Ergebnis wohl kein Veräußerungsgewinn realisiert.
b) ErbStG
In § 3 Abs. 2 Nr. 4 ErbStG ist für Zwecke des ErbStG, wenn ein Ausschlagender oder Verzichtender eine Abfindung dafür erhält, der Abfindungserwerb als vom Erblasser erhalten ersatzweise für steuerbar erklärt worden. Verweis (s.o., vgl. § 9 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. f ErbStG). Das ist z.B. das Datum des Verzichts, damit zumeist auch zugleich der Vereinbarung zwischen den Erwerbern.
Davor darf aber noch nicht z.B. ein Pflichtteilsanspruch geltend gemacht werden oder eben ein Vermächtnis geltend gemacht, also beansprucht worden sein. In diesen Fällen würde es sich nämlich bei der vereinbarten Leistung um eine Abfindung an Erfüllungs statt nach § 364 BGB handeln, also im Tausch gegen die Befreiung von der Verbindlichkeit (§ 364 BGB). Dies ist stets sehr ungünstig, denn es liegt bei allen Steuerarten eine im Zweifel immer steuerrelevante bzw. schädliche Veräußerung vor. Das gilt nicht nur für die Erbschaftsteuer, etwa bei betrieblichem Vermögen mit Blick auf die Nachsteuer des § 13a Abs. 6 ErbStG, sondern auch z.B. im EStG und darüber hinaus auch bei anderen Steuerarten wie der Grunderwerbsteuer oder der Umsatzsteuer.
Die Finanzverwaltung sieht in der Hingabe begünstigten Vermögens (betrifft §§ 13a ff. ErbStG) für einen Verzicht i.S.d. § 3 Abs. 2 Nr. 4 ErbStG immer noch einen Verstoß gegen die Nachsteuerregelung des § 13a Abs. 6 ErbStG. Das wird sich jedoch vielfach nicht auswirken, weil der erste Erwerber Vermögen abgibt und (anders als früher!) inzwischen der Empfänger des begünstigten Vermögens, also der Abfindungsempfänger, wenigstens die Begünstigungen nach §§ 13a ff. ErbStG erhält.
(Beitrag wird fortgesetzt)