Nach § 2361 S. 1 BGB hat das Nachlassgericht einen erteilten unrichtigen Erbschein von Amts wegen einzuziehen. Kann der Erbschein nicht sofort erlangt werden, so hat ihn das Nachlassgericht durch Beschluss für kraftlos zu erklären (§ 353 Abs. 1 S. 1 FamFG).
Einziehung und Kraftloserklärung des unrichtigen Erbscheins beseitigen die Wirkungen eines erteilten, unrichtigen Erbscheins nach §§ 2365 ff. BGB. Damit soll der wirkliche Erbe, insbesondere vor einem gutgläubigen Erwerb Dritter vom Erbscheinserben, geschützt werden.
Die Einziehung eines Erbscheins bildet das Gegenstück zu seiner Erteilung. Die eine Einziehung voraussetzende Unrichtigkeit eines Erbscheins ist gegeben, wenn die zur Begründung des Erbscheinsantrags erforderlichen Tatsachen nicht mehr als festgestellt zu erachten sind und damit die Voraussetzungen für die Erteilung des Erbscheins nicht mehr vorliegen. Für die Einziehung eines Erbscheins genügt, dass die Überzeugung des Nachlassgerichts von dem zur Erbscheinserteilung führenden Erbrecht über einen bloßen Zweifel hinaus erschüttert ist.
Aufgrund des materiell rechtskräftigen Erbenfeststellungsurteils sind vorliegend allerdings nach wie vor die Voraussetzungen für die Erteilung eines Erbscheins an den im Erbenfeststellungsprozess obsiegenden Kläger gegeben, unabhängig von der etwaigen Überzeugung des Nachlassgerichts davon, dass der wirkliche Erbe aufgrund des nachträglich aufgefundenen Testaments Alleinerbe ist. Angesichts des aufgefundenen Testaments stellt sich zwar auch die Erteilung des Erbscheins an dem Erbenfeststellungsverfahren obsiegenden Kläger nachträglich als falsch dar. Dennoch hat das in Rechtskraft erwachsene Erbenfeststellungsurteil zwischen den beiden Prozessparteien das Erbrecht verbindlich festgestellt. Die Bindungswirkung des Feststellungsurteils besteht so lange fort, wie dessen Rechtskraft andauert. An die materiell rechtskräftige Erbenfeststellung ist auch das Nachlassgericht gebunden. Erst dann, wenn die von dem wirklichen Erben erhobene Restitutionsklage nach § 580 Abs. 7b) ZPO die Rechtskraft des im Ausgangsverfahren ergangenen Erbenfeststellungsurteils durchbrochen hat und rechtskräftig geworden ist, kann der erteilte Erbschein als unrichtig angesehen werden.
Dennoch erscheint es angezeigt, bereits nach Erhebung der Restitutionsklage beim Nachlassgericht die Einleitung eines Einziehungsverfahrens nach § 24 Abs. 1 FamFG anzuregen. Zur Begründung sollte eine Abschrift der auf das Auffinden eines Testaments gestützten Restitutionsklage nach § 580 Abs. 7b) ZPO nebst dem nachträglich aufgefundenen Testament vorgelegt werden und auch gegenüber dem Nachlassgericht die auf nachweisbaren neuen Tatsachen beruhenden Gründe für die Unrichtigkeit des erteilten Erbscheins nochmals dargelegt sowie explizit Beweismittel angegeben werden.
Grundsätzlich reicht die Mitteilung von Tatsachen zwar aus, um das Nachlassgericht dazu zu veranlassen, ein Verfahren einzuleiten. Die ausdrückliche Anregung zur Einleitung eines Einziehungsverfahrens durch den wirklichen Erben nach § 24 Abs. 1 FamFG ist aber bereits dadurch angezeigt, dass das Nachlassgericht den die Einleitung des Verfahrens anregenden wirklichen Erben aufgrund seines gegebenen berechtigten Interesses darüber zu unterrichten hat, wenn es der Anregung nicht folgt (§ 24 Abs. 2 FamFG).
Der Eingang der Anregung zur Einleitung eines Verfahrens zur Einziehung des erteilten Erbscheins beim Nachlassgericht stellt zwar noch keine Verfahrenseinleitung dar. Es steht jedoch im pflichtgemäßen Ermessen des Nachlassgerichts, zunächst Vorermittlungen einzuleiten, um zu ergründen, ob eine Veranlassung zur Verfahrenseinleitung besteht.
Eine Mitteilung des Nachlassgerichts über die nicht erfolgende Einleitung eines Verfahrens wäre zwar nicht rechtsmittelfähig. Da die Mitteilung zumindest aber mit einer nachvollziehbaren Begründung versehen sein sollte, kann ggf. zumindest eine Gegenvorstellung erfolgen. Eine Gegenvorstellung kommt insbesondere im Fall der Zulässigkeit eines Wiederaufnahmeverfahrens in Betracht sowie wenn aus anderen Gründen von einer Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör auszugehen ist. Vorsorglich sollte die Zwei-Wochen-Frist nach § 44 Abs. 2 S. 1 FamFG eingehalten werden und die Gegenvorstellung innerhalb dieser Frist erfolgen.
Vorliegend sind angesichts des Wiederaufnahmeverfahrens und damit der Anhängigkeit eines Zivilrechtsstreits zwischen den Prozessparteien des Ausgangsverfahrens die Voraussetzungen für die Einleitung eines Verfahrens zur Einziehung des erteilten Erbscheins zwar gegeben. Es ist jedoch davon auszugehen, dass es dem pflichtgemäßen Ermessen des Nachlassgerichts entspricht, das Verfahren nach § 21 FamFG auszusetzen, um den Ausgang des Wiederaufnahmeverfahrens abzuwarten. Hierdurch vermeidet das an die rechtskräftige Erbenfeststellung gemäß dem Urteil im Ausgangsverfahren gebundene Nachlassgericht eine Vorwegnahme des Ergebnisses des Wiederaufnahmeverfahrens. Auch ...