a. Vorstellungen der Nichtjuristen
Laien unterscheiden nicht zwischen "vermachen" und "vererben" oder anderen Formulierungen; § 2087 Abs. 1 BGB stellt klar, dass es auf die Formulierung in der Regel nicht ankommt. Der Erblasser hält sich häufig auch nicht an die Regeln der Universalsukzession, die von ihm absurderweise verlangt, Erbquoten zu bestimmen: "Die A bekommt 7/12, der B 3/12 und der C 2/12 meines Nachlasses". So eine Formulierung ist allenfalls eine Vorstellung des Erblassers, wenn es um leicht teilbare Bankguthaben oder Aktien bzw sonstige Wertpapiere geht, aber nicht bei Grundstücken oder wertvolleren Kunstgegenständen wie Gemälden oder Teppichen. Der Erblasser will, dass A ein bestimmtes Grundstück in Adorf bekommt (z.B. weil A in Adorf wohnt), ihm ist egal, ob das 6/12, 7/12, oder 8/12 seines Nachlasses ausmacht; seinen dereinstigen Nachlass kennt er sowieso nicht. Mit der unerwünschten Angabe von Einzelgegenständen befasst sich § 2087 Abs. 2 BGB.
b. Unzulässige Aufspaltung
Der Erblasser kann nicht sein Aktivvermögen dem A und seine Schulden dem B vererben; eine solche Aufspaltung verstößt gegen §§ 1922, 1967 BGB. Offenbar meinte der naive Erblasser, bei Ausschlagung durch B würde letztlich der Staat nur die Schulden erben (§ 1936 BGB), aber der Staat erbt eben auch die Aktiva.
c. Keine unbestimmten Erbteile
Wenn der Erblasser testiert, die Grundstücke Fl.N. 1-10 soll A erben und die Grundstücke Fl.Nr. 11-14 soll B bekommen, dann sind zwar keine Erbteile im Sinne von Quoten bestimmt, gleichwohl ist § 2091 BGB (gleiche Quoten, also je ½) nicht einschlägig, weil der Erblasser eine unterschiedliche Erbeinsetzung wollte, er hat nämlich die Erben jeweils zu der Quote eingesetzt, die sich aus dem Wert der zugewendeten Gegenstände im Verhältnis zum Gesamtnachlass ergibt; der testamentarisch festgelegte Wille des Erblassers hat Vorrang vor der Zweifelsregelung des § 2091 BGB.
d. Vermächtnis oder Erbe?
aa. Gesetzliche Regelung
Sind dem Bedachten nur einzelne Gegenstände zugewendet, so ist im Zweifel nicht anzunehmen, dass er Erbe sein soll, auch wenn er als Erbe bezeichnet ist (§ 2087 Abs. 2 BGB). Das ist nur eine Auslegungsregel. Sie besagt umgekehrt, dass auch jemand "Erbe" oder "Miterbe" sein kann, obwohl ihm nur ein oder mehrere Gegenstände (meist Grundstücke) zugewiesen sind. Die Wortwahl (Erbe, Vermächtnis usw.) ist nicht ausschlaggebend. Wenn es sich um ein notarielles Testament handelt, in dem jemand als "Erbe" bezeichnet ist, kann man aber kaum unterstellen, dass etwas anderes gemeint ist.
Man muss versuchen, aus dem Testament zu entnehmen, was der Erblasser, obgleich Nichtjurist, wollte:
Ein Miterbe ist Erbe neben anderen Personen; er hat unmittelbar Rechte am Nachlass, haftet aber auch für die Schulden; er soll den Nachlass regeln; die Beerdigung veranlassen und die Kosten tragen, die Grabpflege übernehmen; er muss die Geldvermächtnisse auszahlen.
Ein Vermächtnisnehmer ist am Nachlass nicht unmittelbar beteiligt; er hat nur einen Anspruch gegen den Erben (§ 2174), hat vielleicht Ärger, wenn nicht freiwillig geleistet wird; er haftet nicht für Schulden des Erblassers, nicht für weitere Kosten; er muss sich um die Verwaltung und Auseinandersetzung des Nachlasses nicht kümmern.
bb. Gesamtverteilung
Enthält das Testament lediglich Verfügungen über einzelne Nachlassgegenstände und erschöpfen diese Einzelzuwendungen den Nachlass, kann eine Erbeinsetzung aller genannten Empfänger vorliegen. Eine "gesamte Erschöpfung" liegt auch vor, wenn die üblichen Haushaltsgegenstände, die kaum einen Wert haben (wie gebrauchte Möbel, Vorräte, Kleidung), nicht verteilt werden; ein großer deutscher Haushalt hat ca. 20.000-30.000 Einzelgegenstände, wenn man jeden Löffel, Zahnbürste, Putzeimer usw. mitzählt.
Allerdings soll dies nicht gelten, wenn viele Empfänger (z.B. 20) im Testament genannt sind, weil niemand 20 oder mehr Personen als seine wirtschaftlichen Nachfolger einsetze; dann komme die Annahme von gesetzlicher Erbfolge bezüglich des ganzen Nachlasses in Betracht, belastet mit Vermächtnissen zugunsten der im Testament Bedachten, vgl. § 2149 BGB; das gelte aber nicht, wenn aufgrund des weiteren Inhalts des Testaments anzunehmen sei, dass der Erblasser überhaupt keine Erben berufen und seine Verwandten oder seinen Ehegatten als gesetzliche Erben ausschließen wollte.
Kommt man zur Auslegung als Erbeinsetzung im Verhältnis der jeweils zugewandten Vermögenswerte zum Gesamtnachlass im Zeitpunkt des Erbfalls, dann ist eine Erbfolge nach Quoten anzunehmen, verbunden mit einer Teilungsanordnung gemäß den im Testament den jeweiligen Erben zugewiesenen Gegenstände. Unter "Werte" sind dabei die Verkehrswerte abzüglich darauf lastender Schulden zu verstehen.