Einführung
Zu Lebzeiten beider Ehegatten erkennt man die Trennlinien zwischen Ehegüter- und Erbrecht kaum. Nach dem Tod eines Ehegatten werden diese Linien jedoch deutlicher, weil Interessen im Spiel sind: die des überlebenden Ehegatten und die verwandter Dritter (z. B. Kinder, Voreltern und Seitenverwandte). Es kristallisieren sich unterschiedliche Rechtspositionen aus dem Ehegüter- und Erbrecht heraus, deren Klärung insbesondere dann kompliziert wird, wenn das Erbstatut und das Güterstatut sich nach unterschiedlichen Rechtsordnungen beurteilen.
1. Einführung
Sowohl das deutsche (Art. 25 Abs. 1 EGBGB) als auch das spanische Kollisionsrecht (Art. 9 Abs. 8 S. 1 CC) knüpfen die Rechtsnachfolge von Todes wegen an das Heimatrecht des Erblassers. Ist dieser spanischer Staatsangehöriger gewesen, findet deshalb sowohl aus Sicht des deutschen als auch des spanischen IPRs grundsätzlich spanisches Erbrecht Anwendung. Dies gilt grundsätzlich unabhängig davon, wo der Erblasser zuletzt lebte oder wo sich gar Nachlassgegenstände befinden. Eine Möglichkeit, durch Rechtswahl das anwendbare nationale Erbrecht zu bestimmen, sieht das spanische IPR im Unterschied zum deutschen IPR, wo dies immerhin in beschränktem Umfang zulässig ist (Art. 25 Abs. 2 EGBGB), nicht vor. Probleme stellen sich bei Geltung spanischen Erbrechts häufig bei der Gestaltung von Erbverträgen und gemeinschaftlichen Testamenten, da spanischen Staatsangehörigen die Errichtung letztwilliger Verfügungen in den vorgenannten Formen allenfalls in den engen Grenzen des Art. 25 Abs. 2 EGBGB (inländisches unbewegliches Vermögen) möglich ist.
"Überraschenderweise" sieht das spanische Kollisionsrecht in Art. 9 Abs. 8 S. 3 CC eine häufig unbeachtet gebliebene Vorschrift vor, die hinsichtlich der Rechte des Ehegatten des Erblassers eine von dem Heimatrecht abweichende Anknüpfung vorsieht: "Die Rechte, die kraft Gesetzes dem überlebenden Ehegatten zugewiesen werden, richten sich nach demselben Recht, welches die Ehewirkungen regelt, jedoch stets vorbehaltlich der Noterbteile der Abkömmlinge. "
Die Lektüre der Vorschrift wirft folgende Fragen auf:
1. Um welche "Rechte, die kraft Gesetzes dem überlebenden Ehegatten zugewiesen werden" geht es?
2. Wie wirkt sich Art. 9 Abs. 8 S. 3 CC grundsätzlich auf das Erbrecht des überlebenden deutschen Ehegatten aus?
3. Ist Art. 9 Abs. 8 S. 3 CC u.U. teleologisch zu reduzieren?
2. "Rechte, die kraft Gesetzes dem überlebenden Ehegatten zugewiesen werden"
Art. 9 Abs. 8 S. 3 CC beschränkt seinen Anwendungsbereich auf die gesetzlichen Rechte des Ehegatten, sodass Rechte des überlebenden Ehegatten, die ihm mit dem Tod des anderen Ehegatten aufgrund letztwilliger Verfügung erwachsen, aus seinem Anwendungsbereich fallen. Auch stellt die Vorschrift klar, dass ihr subjektiver Anwendungsbereich sich auf die Rechte gerade des Ehegatten beschränkt und sich nicht auf das Erbrecht der übrigen potenziellen Erben bezieht. Deren Rechte beurteilen sich also unverändert nach dem gemäß Art. 9 Abs. 8 S. 1 CC bestimmten Heimatrecht des Erblassers. Hinsichtlich der Noterbrechte der Abkömmlinge ist dies im Gesetz sogar ausdrücklich so vorgesehen.
a) Die Auffassung in der Literatur zu Art. 9 Abs. 8 S. 3 CC
Die Stellung des Art. 9 Abs. 8 S. 3 innerhalb der Regeln zum erbrechtlichen Kollisionsrecht lässt vermuten, dass unter den "Rechten des überlebenden Ehegatten" (wenigstens auch) sein Erbrecht zu verstehen ist. Die Vorschrift würde also das Erbrecht des Ehegatten an das Recht der Ehewirkungen anknüpfen. Das Recht der Ehewirk...