Leitsatz
1. Kosten für die laufende Grabpflege nach erstmaliger Herrichtung der Grabstätte sind keine Beerdigungskosten iSd § 1968 BGB. Sie sind deshalb bei der Ermittlung des Nachlasswerts für die Berechnung eines Pflichtteilsanspruchs nicht als Nachlassverbindlichkeiten vom Aktivnachlass abziehbar.
2. Ein Nachlasspfleger, zu dessen Wirkungskreis die Verwaltung des Nachlasses zählt, ist jedenfalls dann wie der Nachlassverwalter zur Bedienung von Nachlassverbindlichkeiten befugt, wenn durch die Befriedigung des Gläubigers unnötige Kosten und Prozesse vermieden werden.
Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, Urteil vom 6. Oktober 2009 – 3 U 98/08
Sachverhalt
Die Parteien streiten um die Höhe des klägerischen Pflichtteilsanspruchs gegen die Beklagten und um die Kosten des Rechtsstreits nach teilweiser Abgabe übereinstimmender Erledigungserklärungen.
Der Kläger ist das einzige Kind des geschiedenen Erblassers W, der ihn mit privatschriftlichem Testament vom 23.3.1987 enterbte. In demselben Testament setzte der Erblasser seine Lebensgefährtin als Alleinerbin ein. Diese ist vorverstorben. Die Beklagten sind Cousins und Cousinen des Klägers. Erben erster und zweiter Ordnung sind nicht vorhanden.
Mit Entscheidung vom 11.4.2007 bestellte das Amtsgericht Mölln Rechtsanwalt A zum Nachlasspfleger. Der Wirkungskreis umfasste die Sicherung und Verwaltung des Nachlasses sowie die Ermittlung der Erben.
Am 12.9.2007 machte der Kläger dem Nachlasspfleger gegenüber seinen Pflichtteilsanspruch geltend, woraufhin dieser ihm das Nachlassverzeichnis übersandte.
Der Kläger bezifferte den Pflichtteilsanspruch mit Schreiben vom 26.9.2007 zunächst pauschal auf 25.000 EUR und verlangte vom Nachlasspfleger Zahlung sowie Ermittlung des Nachlasswerts. Alsdann gab er mit Schreiben vom 23.10.2007 den ihm nach seiner Auffassung zustehenden Pflichtteil mit 42.974,12 EUR an, setzte dem Nachlasspfleger eine Frist bis zum 6.11.2007 und kündigte eine gerichtliche Durchsetzung der Forderung an. Der Nachlasspfleger verweigerte die Zahlung unter Hinweis darauf, dass die Befriedigung von Nachlassgläubigern nicht zu seinen Aufgaben gehöre.
Nachdem der Nachlasspfleger die Beklagten als Erben ermittelt hatte, forderte der Kläger diese zur Zahlung des obigen Betrages auf, setzte abermals eine Frist bis zum 13.5.2008 und stellte gerichtliche Schritte in Aussicht. Die Beklagten beriefen sich darauf, dass der Pflichtteilsanspruch zwar dem Grunde nach bestehe; jedoch verweigerten sie die Zahlung, da der Nachlasswert unbekannt sei (Schreiben vom 15.5.2008).
Am 5.7.2008 hat der Kläger Klage erhoben und zunächst beantragt, die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn 42.974,12 nebst 5 Prozent Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 7.11.2007 zu zahlen.
Die Beklagten haben den Anspruch in der Klageerwiderungsschrift vom 25.7.2008 in Höhe von 39.000 EUR anerkannt, nachdem der Nachlasspfleger am 24.7.2008 den Nachlass ausgehändigt und den Nachlasswert mitgeteilt hatte. Die Zahlung erfolgte erst am 30.10.2008. Nach dem Verkauf eines Nachlassgegenstandes (PKW) haben die Beklagten weitere 100 EUR an den Kläger gezahlt. Daraufhin haben die Parteien den Rechtsstreit in Höhe von 39.100 EUR übereinstimmend für erledigt erklärt und nur noch um den restlichen Betrag von 3.874,12 EUR gestritten.
Der Kläger ist ausweislich des Tatbestands des erstinstanzlichen Urteils von einem Aktivnachlass von 89.344,04 EUR und von Nachlassverbindlichkeiten von 3.395,80 EUR ausgegangen, die Beklagten von einem Aktivnachlass von 93.326,38 EUR und von Nachlassverbindlichkeiten in Höhe von 14.735,83 EUR. Sie kommen deshalb jeweils zu einer unterschiedlichen Höhe des Pflichtteilsanspruchs. Insoweit wird auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils Bezug genommen.
Das Landgericht hat den höheren Aktivnachlass, wie ihn die Beklagten errechnet hatten, zugunsten des Klägers zugrunde gelegt, davon aber Nachlassverbindlichkeiten in Höhe von 14.735,83 EUR abgezogen, sodass ein Anspruch des Klägers über die erhaltene Summe hinaus nicht verbliebe. Soweit die Parteien den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt hätten, habe der Kläger die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, denn die Beklagten hätten ein sofortiges Anerkenntnis im Sinne des § 93 ZPO abgegeben. (...)
Aus den Gründen
Die zulässige Berufung hat zum großen Teil Erfolg. Der Kläger hat Anspruch auf weitere Pflichtteilszahlung über den von den Beklagten in erster Instanz bereits zugestandenen und geleisteten Betrag hinaus, zudem ist auch die Kostenentscheidung zu seinen Gunsten zu ändern, soweit das Landgericht darüber nach § 91 a ZPO entschieden hat.
1. Der Kläger hat gegen die Beklagten einen Anspruch auf Auskehrung weiterer 3.180,56 EUR gem. § 2303 Abs. 1 Satz 1 BGB über den bereits erhaltenen Pflichtteil von 39.100 EUR hinaus.
a) Der Kläger ist ein per Testament vom 23.3.1987 enterbter Abkömmling des Erblassers im Sinne der Vorschrift. Die Beklagten sind als Cousins und Cousinen gesetzliche Erben dritter Ordnung im Sinne von § 1926 Abs. 1 BGB (mangels gesetzli...