1. Allgemein
1.1 Aussonderung: Am besten stehen die aussonderungsberechtigten Gläubiger da. Gegenstände, die gar nicht zum Vermögen des Schuldners gehören, gelten gar nicht erst als Bestandteil der Insolvenzmasse und können vom Berechtigten herausverlangt werden, § 47.
(a) Nicht nur körperliche Sachen können ausgesondert werden, sondern auch Rechte. Hatte der Schuldner vor Insolvenzeröffnung einen ihm ursprünglich zustehenden Anspruch gegen einen Dritten abgetreten, kann der Zessionar die Forderung aussondern. Praktisch relevant wird dies, wenn der Insolvenzverwalter die Abtretung oder ihre Wirksamkeit bestreitet. Der Zessionar kann sein Aussonderungsrecht durch Erhebung einer Feststellungsklage gegen den Insolvenzverwalter geltend machen.
(b) Ist der Schuldner verheiratet, besteht zwar ein Aussonderungsrecht auch für seinen Ehegatten. Dessen Durchsetzung ist durch die – güterstandsunabhängige ! – Eigentumsvermutung des § 1362 BGB allerdings praktisch erheblich erschwert.
(c) Bisweilen hängt das Aussonderungsrecht von vermeintlichen Zufälligkeiten ab: Gerät der Vermieter in Insolvenz, ist der Mieter bezüglich der von ihm geleisteten Kaution nur dann zur Aussonderung berechtigt, wenn sie getrennt vom restlichen Vermögen des Vermieters angelegt wurde. Hat der Vermieter die Kaution hingegen mit sonstigem Geld vermischt, ist die Kautionsrückforderung des Mieters nur einfache Insolvenzforderung.
(d) Hat ein Gläubiger zu Sicherungszwecken Eigentum inne, muss zwischen Vorbehaltseigentum und sonstigem Sicherungseigentum differenziert werden: Beim Eigentumsvorbehalt ist der Gläubiger bis zur vollständigen Zahlung des Kaufpreises auflösend bedingt Eigentümer. Er kann sein Eigentum aussondern. Der Insolvenzverwalter hat nach § 103 allerdings ein Wahlrecht: Er kann zugunsten der Masse Eigentum erwerben, wenn er die restliche Kaufpreisforderung erfüllt. Sinnvoll ist ein solches Vorgehen vor allem dann, wenn die restliche Kaufpreisverbindlichkeit gering und mit einem höheren Erlös durch Verwertung des Gegenstands zu rechnen ist.
1.2 Das Recht auf abgesonderte Befriedigung nach den §§ 49 ff bezieht sich auf Gegenstände, die – anders als im Fall der Aussonderung – dem Schuldner und damit zur Masse gehören.
(a) Anders als beim einfachen Eigentumsvorbehalt verhält es sich beim Sicherungseigentum, wenn also der Schuldner seinem Gläubiger durch Besitzkonstitut Eigentum verschafft: Wird in dieser Konstellation der Schuldner insolvent, steht ihm wegen der Spezialregelung in § 51 Nr. 1 trotz seines Eigentums kein Aussonderungsrecht zu, sondern nur ein Recht auf abgesonderte Befriedigung. Er erhält die rechtliche Stellung eines Pfandgläubigers. Das Gleiche gilt auch für den verlängerten und erweiterten Eigentumsvorbehalt.
(b) Ein weiterer Anwendungsfall sind Gläubiger mit dinglichen Sicherungsrechten an einem Grundstück, zum Beispiel einer Grundschuld, § 49.
(c) Zum Kreis der Absonderungsberechtigten gehören nach § 50 auch sämtliche Pfandgläubiger, egal auf welcher Grundlage, also vertragliche Pfandgläubiger (aufgrund rechtsgeschäftlicher Verpfändung), gesetzliche Pfandgläubiger und Pfändungspfandgläubiger, Letztere allerdings nur, sofern die Pfändung mehr als einen Monat vor Stellung des Insolvenzantrags bewirkt wurde, § 88. Von großer praktischer Bedeutung sind die gesetzlichen Pfandrechte. Voraussetzung ist die Entstehung des Pfandrechts vor Insolvenzeröffnung. Grundsätzlich besteht das Absonderungsrecht in Höhe der vollen durch das Pfandrecht gesicherten Forderung.
(d) Eine wichtige Ausnahme sieht allerdings § 50 Abs. 2 für das Vermieter- und Verpächterpfandrecht vor: In der Insolvenz des Mieters kann es nur für solche Mietrückstände geltend gemacht werden, die nicht älter sind als ein Jahr, gerechnet vom Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung. Das kann zu dem kuriosen Ergebnis führen, dass Mietzinsansprüche aus ein- und aus demselben Mietverhältnis in drei verschiedene Rangkategorien fallen:
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Mietrückstände für den Zeitraum von einem Jahr vor Verfahrenseröffnung führen zur abgesonderten Befriedigung aus den eingebrachten Sachen des Mieters. |
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Mietrückstände aus der davor liegenden Zeit sind einfache Insolvenzforderungen. |
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Laufende Mieten für den Zeitraum ab Eröffnung des Insolvenzverfahrens sind Masseverbindlichkeiten nach § 55. |
(e) Geltend gemacht wird das Absonderungsrecht außerhalb des Insolvenzverfahrens, also durch Zwangsversteigerung oder Pfandverkauf. Der Insolvenzverwalter hat gemäß § 165 f ein Verwertungsrecht, kann die Verwertung aber auch dem Gläubiger überlassen.
(f) Nicht immer führt die abgesonderte Befriedigung zur vollständigen Erfüllung der Forderung, insbesondere bei der Zwangsversteigerung von Immobilien. Den verbleibenden Rest der Forderung kann der absonderungsberechtigte Gläubiger als einfache Insolvenzforderung zur Tabelle anmelden (Anmeldung des Ausfalls, § 52).
1.3 Ansprüche der Massegläubiger sind aus der Insolvenzmasse vorweg zu befriedigen, § 53.
(a) Zum Kreis der Masseverbindlichkeiten gehören primär die Verfahren...