Leitsatz
1. Treten die Erben in einen Mietvertrag auf Vermieterseite ein und ist ein Erbe zugleich Mieter, erlischt der Mietvertrag durch Konfusion.
2. Ein hinreichendes Neuregelungsverlangen ist gegeben, wenn die Miterben deutlich machen, dass die alleinige Nutzung zukünftig nicht mehr hingenommen wird.
AG Mönchengladbach, Urt. v. 18.12.2019 – 35 C 97/19
1 Tatbestand
Die Klägerinnen nehmen den Beklagten auf Zahlung eines Nutzungsentgelts für eine Immobilie in Anspruch.
Die Parteien bilden eine Erbengemeinschaft nach ihrer gemeinsamen Mutter. Zur Erbmasse gehört ein Hausgrundstück in der W Straße 109 in N, dessen erste Etage der Beklagte bewohnt. Die Grundsteuer in Höhe von 438 EUR sowie die Gebäudeversicherung in Höhe von 422,18 EUR zahlten die Klägerinnen. Diese kamen auch für Reparaturen am Haus auf. Der Beklagte beteiligte sich nicht an den entstehenden Kosten. Die Teilungsversteigerung über das Hausgrundstück wurde zwischenzeitlich anhängig gemacht.
Mit Schreiben vom 22.10.2018 forderte die vormalige Bevollmächtigte der Klägerinnen den Beklagten auf, bis zum 9.11.2018 die Immobilie zu räumen und geräumt herauszugeben. Hilfsweise forderte sie Nutzungsersatz für den Fall, dass der Beklagte diesem Verlangen nicht nachkomme. Der Beklagte zog nicht aus.
Mit Schreiben vom 20.11.2018 fordere die vormalige Bevollmächtigte der Klägerinnen den Beklagten dann auf, ab November 2018 monatlich 563 EUR an die Erbengemeinschaft zu zahlen, die sich aus 513 EUR für die Räumlichkeiten sowie 50 EUR für eine Garage zusammensetzte. Diese Beträge sind angemessen.
Mit Schreiben vom 14.2.2019 forderte der Prozessbevollmächtigte der Klägerinnen den Beklagten über seinen Prozessbevollmächtigten auf, die Nutzungsentschädigungsbeträge für die Monate November 2018 bis einschließlich Februar 2019 in Höhe von 2.250 EUR an die Erbengemeinschaft zu zahlen.
Die Klägerinnen behaupten, der Beklagte bewohne auch das Dachgeschoss des Hauses in der W Straße 109.
Die Klägerinnen sind der Ansicht, der Beklagte schulde eine Nutzungsentschädigung. Im Schreiben vom 22.10.2018 liege ein Abspracheverlangen hinsichtlich der Nutzung des Hauses. Im Schreiben vom 20.11.2018 liege eine neue Regelung der Verwaltung und Nutzung des Hauses.
Ursprünglichen haben die Klägerinnen beantragt, den Beklagten zu verurteilen, an die Erbengemeinschaft nach den Eltern der Parteien, Eheleute I4 und I3, bestehend aus den Klägerinnen und dem Beklagten, 2.250 EUR nebst 5 Prozentpunkte Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 11.4.2019 zu zahlen, und dass der Beklagte die Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung in Höhe von 362,95 EUR trage.
Die Klägerinnen beantragen nunmehr, den Beklagten zu verurteilen, an die Erbengemeinschaft nach der am 6.9.2018 in N verstorbenen I4, bestehend aus den Klägerinnen und dem Beklagten, 2.252 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11.4.2019 zu zahlen. …
Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen. Der Beklagte behauptet, er habe die Mutter jahrelang allein betreut und gepflegt. Es sei auch ein mündlicher Mietvertrag über die in der ersten Etage gelegene Wohnung mit der Mutter geschlossen worden. Der Beklagte ist der Ansicht, einer Nutzungsentschädigung stehe der mündliche Mietvertrag entgegen, der nicht gekündigt worden sei. Die Kläger würden auch keine Nutzungsregelung oder eine gemeinschaftliche Verwaltung des Hauses fordern, sondern lediglich eine Nutzungsentschädigung. Zudem sei eine Nutzungsentschädigung im Hinblick auf die Teilungsversteigerung unbillig.
2 Gründe
Die zulässige Klage ist begründet.
I. 1. Die Klage ist zulässig.
a) Im Hinblick auf den Klageantrag zu 1) liegt eine zulässige Klageänderung gemäß § 263 ZPO vor, soweit die Klägerinnen nunmehr Zahlung an die Erbengemeinschaft nach I4 fordern. Ursprünglich haben die Klägerinnen Zahlung an die Erbengemeinschaft nach den Eltern der Parteien verlangt. Der Austausch des Zahlungsempfängers stellt eine Klageänderung dar. Nur wenn die Klägerseite zunächst Zahlung an sich verlangt und auf Zahlung an einen anderen wechselt (qualitative Klagebeschränkung) oder von Zahlung an einen anderen verlangt und auf Zahlung an sich wechselt (qualitative Klageerweiterung), ist gemäß § 264 ZPO keine Klageänderung gegeben (Foerste, in: Musielak/Voit, ZPO, 16. Aufl., § 264 Rn 3 und 5). Ob vorliegend eine Einwilligung des Beklagten vorliegt, kann dahinstehen; zwar ist gemäß § 267 ZPO eine Einwilligung anzunehmen, wenn sich die Gegenseite einlässt, wobei im schriftlichen Verfahren die schriftliche Einlassung genügt (Greger, in: Zöller, ZPO, 33 Aufl., § 267 Rn 2). Vorliegend erfolgten Einlassungen des Beklagten jedoch bevor beschlossen wurde, dass eine Entscheidung im schriftlichen Verfahren erfolgen werde. Die Klageänderung ist darüber hinaus aber auch sachdienlich. Die Klägerinnen haben zunächst Zahlung an eine nicht existente Erbengemeinschaft verlangt, durch die Klageänderung wurde somit ein weiterer Rechtsstreit verhindert, in dem die Zahlung an die zutreffende Erbengemeinschaft gefordert wird. Dies...