Mit zwei Urteilen entschied der 5. Strafsenat des BGH im Hinblick auf eine Strafbarkeit wegen Tötung auf Verlangen durch Unterlassen gemäß §§ 216, 13 StGB, dass Ärzte im Ergebnis nicht mit strafrechtlichen Konsequenzen belastet sein sollen, wenn sie Sterbebegleitung leisten. Der Senat bestätigte damit die erstinstanzlichen Freisprüche der Landgerichte Berlin und Hamburg allerdings nur für die vorliegenden besonderen Konstellationen. Obiter dictum weist er aber daraufhin, auch zukünftig im Kontext der Suizidbegleitung an einer strafbewehrten Rettungspflicht von Lebensschutzgaranten (wozu beispielsweise Ärzte und auch Angehörige gehören) und damit einer (unechten) Unterlassungsstrafbarkeit festhalten zu wollen, sodass die Frage, wo nun genau die Grenze zulässiger Sterbeassistenz verläuft, nicht vorschnell beantwortet werden kann. In den beiden Verfahren der Landgerichte Berlin und Hamburg, entschlossen sich Sterbewillige freiverantwortlich zu einer Selbsttötung und wurden durch Ärzte hierbei begleitet.
Im "Berliner Verfahren" stand der Sterbehelfer als Hausarzt der Suizidentin über Jahre hinweg mit dieser in einem Arzt-Patientin-Verhältnis. Die Patientin litt an einer langwierigen und schweren Reizdarmerkrankung mit krampfartigen Schmerzen, die ihre Lebensqualität massiv einschränkte, allerdings nicht lebensbedrohlich war. Auf Wunsch der Patientin verschrieb der Angeklagte ein tödliches Betäubungsmittel (Luminal), löste wenigstens ein Rezept selbst ein und reichte seiner Patientin das Medikament. Diese nahm es jedoch selbst ein. Wie mit der Patientin zuvor abgesprochen, begleitete der Angeklagte seine Patientin bis zum sicheren Herzstillstand, ohne Rettungshandlungen vorzunehmen.
Im "Hamburger Verfahren" hingegen bestand ein vergleichbares Arzt-Patientin-Verhältnis zwischen dem Angeklagten und den Sterbewilligen nicht. Vielmehr unterhielt der Angeklagte als Facharzt für Neurologie lediglich einen Gutachtervertrag mit dem von den beiden Suizidentinnen kontaktierten Sterbeverein. Zwar waren die Suizidentinnen nicht lebensbedrohlich erkrankt, aber aufgrund diverser altersbedingter Krankheiten nach eigenem Empfinden in ihrer Lebensqualität deutlich eingeschränkt. Der Beitrag des Arztes beschränkte sich darauf, ein fachpsychiatrisches Gutachten zu erstellen, dass den beiden Suizidentinnen Freiverantwortlichkeit im Hinblick auf ihr Suizidvorhaben bescheinigen sollte. Das Medikament wurde auch hier durch die Suizidentinnen selbst eingenommen, während der Angeklagte die beiden Frauen bis zum sicheren Herzstillstand begleitete, ohne Rettungshandlungen vorzunehmen.
Wegen den (aktiven) Unterstützungshandlungen – Beschaffung des Betäubungsmittels und Erstellung des Gutachtens – kam in beiden Fällen zunächst eine Strafbarkeit wegen Tötung auf Verlangen in Betracht. Da allerdings ebenfalls in beiden Fällen die Suizidentinnen die tödliche Medikamentendosis selbstständig eingenommen hatten, stellte der BGH zutreffend fest, dass sich das Verhalten der Angeklagten im Vorfeld der Bewusstlosigkeit jeweils als straflose Beihilfe zum Suizid darstellte. Die Tatherrschaft habe allein bei den Suizidentinnen gelegen.
Die entscheidende Frage war allerdings, wie das Unterlassen von Rettungsmaßnahmen in der präfinalen Phase ab Eintritt der Bewusstlosigkeit zu bewerten war. Konkret ging es um die Strafbarkeit wegen (versuchter) Tötung auf Verlangen durch Unterlassen, da die beiden Angeklagten die Suizidentinnen bis zum sicheren Herzstillstand begleiteten ohne Rettungsmaßnahmen einzuleiten, obwohl ihnen dies als Ärzte zumutbar und möglich gewesen wäre. Da nicht sicher feststellbar war, ob die Frauen in der präfinalen Phase mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit überhaupt noch hätten gerettet werden können, war in dubio pro reo die Quasi-Kausalität der gebotenen aber unterlassenen Rettungshandlung zu verneinen, weshalb nur eine Versuchsstrafbarkeit in Rede stand. Dass die Unterstützung einer freiverantwortlichen Tötung mangels Tatherrschaft im Ausführungsstadium straflos ist, die eintretende Bewusstlosigkeit des Suizidenten den Sterbehelfer jedoch wieder dem Risiko der Strafbarkeit wegen (versuchter) Tötung auf Verlangen durch Unterlassen aussetzt, erscheint indes bereits offenkundig wertungswidersprüchlich. Tatsächlich entspricht dies aber seit dem berühmten Fall Wittig (sog. "Peterle-Fall") der höchstrichterlichen Rechtsprechung. Der damals angeklagte Hausarzt (Dr. Wittig) hatte seine Patientin, nachdem diese eine tödliche Dosis Morphium und Schlaftabletten eingenommen hatte, bewusstlos, aber noch lebendig, in ihrer Wohnung vorgefunden. Er unterließ jedoch sämtliche Rettungsmaßnahmen, da er von ihrem Willen, aus dem Leben zu scheiden, wusste und diese zusätzlich zwei Zettel hinterlassen hatte, die diesen Willen unterstrichen: "An meinen Arzt – bitte kein Krankenhaus – Erlösung!" und "Ich will zu meinem Peterle". Dieser eindeutig gefasste und sogar schriftlich bekundete Wille hinderte den BGH damals nicht daran...