1. Hintergrund
Zivilrechtlich gründet das Zweckvermächtnis auf § 2156 BGB und gibt dem Beschwerten das Recht, ggf. z.B. den Gegenstand, insbesondere aber auch den Zeitpunkt der Vermächtniserfüllung, zu bestimmen. Dabei kann das Zweckvermächtnis ggf. mit anderen flexiblen Elementen des Vermächtnisrechts, wie dem Bestimmungsvermächtnis der §§ 2151, 2153 BGB, kombiniert werden.
Anwendungsbereich des Zweckvermächtnisses ist insbesondere die Konstellation des "Berliner Testaments", bei dem regelmäßig dem Überlebenden beider Eheleute zunächst der ganze Nachlass zugewiesen wird und zur erbschaftsteuerlichen Optimierung dieser den Kindern als Schlusserben oder ggf. auch einzelnen von ihnen im Zusammenwirken mit Pflichtteilsstrafklauseln ein Vermächtnis auskehren soll. Dieses soll ihn möglichst vor dem eigenen Todesfall nicht belasten, trotzdem aber bereits zum Abzug der Last beim ersten Todesfall führen.
Die zivilrechtlichen Gestaltungen sollen hier nicht weiter untersucht werden. Steuerlich ist unmittelbar erkennbar, dass die ggf. zeitlich stark nach hinten verschobene Erfüllung des Vermächtnisses zum Zwischenerwerb des Belasteten und ggf. auch zu einem begrenzten Abzug der Last bei ihm eben nicht in vollem Umfang sofort mit dem Tod des Erstversterbenden führen kann.
Zweckvermächtnisse mögen deshalb als Auffanglösungen für durch wirtschaftliche Zwänge verursachte Notwendigkeiten interessant sein. Jedenfalls dann, wenn in ausreichendem Umfang Vermögen vorhanden ist, sollte eine derartige Lösung, die für die Finanzverwaltung zumeist eine "Reizgestaltung" darstellt und auch bei der Rechtsprechung Zweifel an der wirtschaftlichen Belastung zumeist des überlebenden Ehepartners beim ersten Erbfall auslösen kann, eher vermieden werden. Im Detail:
2. ErbStG
Nicht alle Vermächtnisse lassen sich mit Ewigkeitsgarantie uneingeschränkt einsetzen. Auch bewährte Institute können durch die Rechtsprechung einmal Einschränkungen erfahren: Dies gilt in Teilbereichen auch für das sog. Zweckvermächtnis (nach § 2156 BGB), das oft bei gemeinsamen Testamenten u.a. zur wiederholten Nutzung von Freibeträgen gewählt wird. Dabei wird zum Todeszeitpunkt des Erstversterbenden dem beim Berliner Testament nicht zum Erben des Erstversterbenden eingesetzten Schlusserben (regelmäßig ein Kind oder Kind eines verstorbenen Kindes) ein Vermächtnis eingeräumt. Wegen des "lohnend" hohen Freibetrags von jetzt 400.000 EUR wird das Vermächtnis beim ersten Erbfall ausgesetzt, dann evtl. zum zweiten Erbfall, jedenfalls erst deutlich nach dem ersten Erbfall fällig. Ziel ist die Nutzung des steuerlichen Freibetrags des Schlusserben auch vom Erstverstorbenen der Eheleute ohne echte Belastung des Längstlebenden zu Lebzeiten. Trotzdem möchte er es als Belastung abziehen können, um seine eigene Steuer zu mindern.
Die Bedingung und den Zeitpunkt der Leistung dieses Vermächtnisses darf der Überlebende unter Berücksichtigung seiner eigenen Versorgungsbedürfnisse nach § 2156 BGB bestimmen, ebenso wie den Zeitpunkt der Vermächtniserfüllung (§ 2181 BGB). Das Vermächtnis soll aber zumeist nicht erst mit dem Tod des Beschwerten fällig werden. Anderenfalls würde nach § 6 Abs. 4 ErbStG ein beim Tod des beschwerten Längstlebenden fälliges Vermächtnis wie ein Nachvermächtnis den Nacherbschaften gleichgestellt, sodass sich der Erwerb des Vermächtnisnehmers nach dem Zwischenerwerber, also dem überlebenden Ehepartner, bestimmen würde, von dem er ohnehin weiteres Vermögen erwirbt, sodass der Freibetrag nach dem Erstverstorbenen wieder verfällt.
Aus diesem Grund wird inzwischen zumeist ein kalenderdatumsbestimmter "Auffangtermin" festgelegt, denn anderenfalls würde wegen § 2181 BGB die Leistung im Zweifel (spätestens, aber mangels Entscheidung des Überlebenden vor diesem Stichtag aber auch nicht eher) mit dem Tode des Beschwerten fällig, mit den vorerwähnten negativen Folgen des § 6 Abs. 4 ErbStG. Dieser Auffangtermin muss sinnvollerweise so bestimmt werden, dass der überlebende Ehepartner ihn statistisch erleben kann, um Problemen des § 42 AO bzw. wieder § 6 Abs. 4 ErbStG auszuweichen.
Durch ein Urteil des BFH vom 27.8.2003 wurde bereits entschieden, dass die Erbschaftssteuer für betagte Ansprüche, die zu einem bestimmten feststehenden Zeitpunkt fällig werden, mit Tod des Erblassers entsteht (§ 9 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG). Ggf. ist der Anspruch nach § 12 Abs. 3 BewG abzuzinsen. Bei unbestimmter Fälligkeit des betagten Anspruchs entsteht dagegen weiterhin die Steuer nach § 9 Abs. 1 Nr. 1a ErbStG erst mit dem Eintritt des Ereignisses.
Eine weitere Einengung des Anwendungsbereichs für Zweckvermächtnisse, d...