1. Hintergrund
Das Kaufrechtsvermächtnis soll nachfolgend unmittelbar nach Steuerarten übergreifend dargestellt werden:
Beim Kaufrechtsvermächtnis treffen Erbrecht und schuldrechtliches Vertragsrecht zusammen. Testamentarisch muss einem Vermächtnisnehmer das Recht eingeräumt worden sein, einen Nachlassgegenstand zu übernehmen, und zwar zu einem testamentarisch vorgegebenen, also bereits fixierten Preis oder zu einem postmortal, zwischen dem Übernehmer und dem "Stillhalter der Option", ggf. frei nach Verkehrswert mit Bewertungsmaßstäben Dritter künftig bei Übernahme, auszuhandelnden Preis. Dieser Unterschied wird nachfolgend eine entscheidende Bedeutung erlangen:
2. EStG
Das EStG unterscheidet zunächst ausschließlich, auch aufgrund der wirtschaftlichen Betrachtung, nach der Höhe des Entgelts und der Einkunftsart, qualifiziert aber nicht weiter nach der Durchführung der Übernahme.
Im Rahmen von Einkünftearten, bei denen eine getrennte Betrachtung möglich ist (§§ 17, 23 EStG), ist es deshalb z.B. möglich, durch die einheitliche Vermächtniserfüllung eine Veräußerung bzw. Anschaffung und zugleich unentgeltliche Weitergabe zu bewirken. Auch können z.B. anschließend – nach einer teilweisen Anschaffung – Haltefristen für § 23 EStG getrennt laufen.
Beispiel
Nach dem Testament steht einem Dritten die Möglichkeit zu, eine Immobilie im Verkehrswert von EUR 1 Mio. für EUR 600.000 (60 % des Verkehrswerts) aus dem Nachlass zu erwerben. Es liegt ein teilentgeltliches Kaufrechtsvermächtnis vor. Der Erblasser hielt die Immobilie sechs Jahre vor seinem Tod, der Kaufrechtsvermächtnisnehmer verkauft die Immobilie nach fünf Jahren. Jetzt ist die Immobilie zu 40 % aufgrund unentgeltlichen Erwerbs außerhalb der für Erblasser und Erwerber zusammengerechneten, zehnjährigen Haltefrist des § 23 EStG veräußert, für 60 % aber innerhalb dieser Haltefrist.
3. GrEStG und ErbStG
Anders ist es bei Grunderwerbsteuer und Erbschaftsteuer:
Für die Grunderwerbsteuer gilt, dass das Übernahmevermächtnis zu feststehendem Preis nicht zu einem Grunderwerbsteuertatbestand bei Ausübung der Übernahme führt, dagegen wohl ein Übernahmevermächtnis, bei dem der Preis zwischen den Parteien des Übernahmeakts künftig noch festzulegen ist, und sei es auch nur durch Bezugnahme auf den Verkehrswert.
Bei der Gestaltung muss es darauf ankommen, unter Beachtung künftiger Wertentwicklungen den Übernahmepreis möglichst verbindlich festzuschreiben. Eine bloße Wertindexierung, die von den Parteien nicht mehr beeinflusst werden kann, sondern vom Erblasser durch den Beginn der Indexierungsperiode abschließend (abgesehen von der künftigen Teuerungsentwicklung, Lohnentwicklung etc.) vorgegeben wird, führt nicht zu einer Grunderwerbsteuer. Dies ist wichtig, denn zumeist ist z.B. bei Geschwistern die Übernahme weder persönlich nach § 3 Nr. 6 GrEStG durch Verwandtschaftsverhältnis in gerader Linie oder, wegen des Hinzutretens der Übernahmeentscheidung, als Erbauseinandersetzung nach § 3 Nr. 3 GrEStG, sachlich steuerbefreit.
Im ErbStG ist – anders als früher bis 31.12.2008 – bei der Bewertung kein Unterschied mehr zwischen verschiedenen Vermögensarten, ggf. auch einem Forderungsrecht und einer Sache, nach § 12 ErbStG erkennbar. Gerade bei Vermögen, das aber sachlich unter die Begünstigungen des §§ 13a ff. ErbStG fällt, kann aber die Unterscheidung wieder bedeutsam werden:
In einem zurückliegenden Fall zu einem Übernahmevermächtnis, bei dem der Übernehmer lediglich eine Rentenverpflichtung für einen Elternteil und ein Wohnrecht zu übernehmen hatte, also wertmäßig feststehende Rechtspositionen, hat der BFH die Begünstigungsfähigkeit, unter ausdrücklicher Abgrenzung von einem dort nicht vorliegendem Kaufrechtvermächtnis, betont.
Dagegen wäre, schon wegen der Zuständigkeitskonzentration von Erbschaft-/Schenkungsteuer und Grunderwerbsteuer beim gleichen (II.) Senat des BFH, eine negative Entscheidung für ein Kaufrechtvermächtnis zu erwarten sein, bei dem die Preise zwischen den Beteiligten postmortal noch ausgehandelt würden.
Die Gestaltung ist bei betrieblichem Vermögen allerdings ungleich schwieriger als bei ohnehin schon in den Werten volatilen Immobilien. Denn auch die künftige Ertragskraft des Betriebs, ggf. beeinflusst durch Turbulenzen in der "kleinen oder großen Geschäftsgrundlage" (z.B. Corona), ist vorab einzuschätzen. Dennoch ist, wenn die Begünstigungsfähigkeit angestrebt wird, von einem freien Aushandeln oder von einem Verweis auf den künftigen Verkehrswert, auch wenn dieser ggf. von einem Wirtschaftsprüfer als Drittem zu berechnen ist, eher abzuraten.