Bayerisches Staatsministerium der Justiz (hrsg.)
21. Auflage, 2023
64 Seiten, mit heraustrennbaren Formularen (16 Seiten), 7,90 EUR
C.H.Beck, ISBN 978-3-406-79609-8
Die Broschüre "Vorsorge für Unfall, Krankheit und Alter" will dankenswerterweise den Bürgern Erläuterungen und Muster für die rechtliche Vorsorge durch Vollmacht, Betreuungsverfügung und Patientenverfügung an die Hand geben. Die 21.’Auflage zeigt, dass diese Mittel sich seit Jahren grundsätzlich bewährt haben. Vorschläge, die das Bayerische Staatsministerium der Justiz herausgegeben hat, werden sicher nicht nur im Freistaat Bayern, sondern auch darüber hinaus hohe Akzeptanz genießen.
Dementsprechend sind weite Textteile unverändert geblieben. Die neue Nummerierung des BGB hinsichtlich der Vorsorgereglungen wurden gut übernommen.
Aber auch Gutes kann verbessert werden, deshalb folgende Anmerkungen.
Zur Vollmacht wird auf S. 9 postuliert, Ort, Datum und vollständige eigenhändige Unterschrift dürften keinesfalls fehlen. Eine Bevollmächtigung bedarf aber grundsätzlich keiner Form, vgl. Grüneberg/Ellenberger, § 167 BGB Rn 2. Diese Angaben von Ort und Datum sind nützlich (auch für die Eintragung im Vorsorgeregister), aber nicht zwingend, vgl. §§ 164 ff. und 1820 BGB.
An gleicher Stelle wird behauptet, das BGB verwende nicht den speziellen Begriff der Vorsorgevollmacht. Der Begriff Vorsorgevollmacht steht jedoch in der amtlichen (!) Überschrift zu § 1820 BGB. Es erscheint inkonsequent, auf S. 10 davor zu warnen, die Vollmacht in der Überschrift als "Vorsorgevollmacht" zu bezeichnen, die im Heft auf S. 11 abgedruckte Vollmacht aber Vorsorgevollmacht zu nennen.
Die These, dass eine notarielle Beurkundung der Vollmacht notwendig sei, wenn der Bevollmächtigte zur Darlehensaufnahme berechtigt sein soll, wird leider nicht begründet. Bei Darlehensverträgen schreibt § 488 BGB keine Form vor, bei Verbraucherkreditverträgen ist lediglich Schriftform, § 492 BGB, erforderlich, aber keine notarielle Beurkundung.
Die persönlichen Daten, die in einer Vollmacht, Patientenverfügung oder Betreuungsverfügung anzugeben sind, sollten denen entsprechen, die in § 1 der Vorsorgeregister-Verordnung aufgeführt sind. Im Muster "Patientenverfügung" sind die erforderlichen Angaben gar nicht spezifiziert, hier und in den anderen Formularen fehlt z.B. die Angabe des Aufbewahrungsorts der Urkunde. Diese Abweichungen sind unpraktisch und können Nachfragen erfordern.
Es wird teilweise in der Öffentlichkeit beklagt, dass Vorsorgedokumente falsch ausgefüllt werden. In meiner anwaltlichen Praxis kommt es häufig vor, dass Mandanten sagen, sie hätten die Vorlagen der Vorsorgedokumente durchgelesen, seien sich aber nicht sicher, sie verstanden zu haben. Hierzu sei beispielhaft auf den Absatz 3 des Kapitels "Gesundheitsvorsorge der Vollmacht" verwiesen, der aus 46 Wörtern und einer Gesetzesangabe besteht. Solche Bandwurmsätze überfordern viele Menschen, sodass der Anwalt den Inhalt allgemeinverständlich dem Mandanten erklären muss.
Bei der Vollmacht sollte bei "Vertretung vor Gericht" ergänzt werden, dass der Bevollmächtigte eine Prozessvollmacht erteilen darf. Eine solche Vollmacht ist Voraussetzung dafür, dass der Bevollmächtigte Prozesshandlungen vornehmen darf.
Im Vollmachtsformular ist die Unterschrift mitten im Text vorgesehen. Eine Unterschrift hat regelmäßig eine Abschlussfunktion, der nachfolgende Text soll nicht als verbindlich angesehen werden können. Es folgen hier aber durchaus noch Passagen, in denen der Vollmachtgeber Wünsche äußert, die nach der neuen Gesetzesintention entscheidend sein sollen, so z.B. hinsichtlich der Anhörung von Vertrauenspersonen.
In der Broschüre ist noch ein Blatt für persönliche Ergänzungen zur Patientenverfügung abgedruckt. In meiner anwaltlichen Praxis hat noch nicht ein Mandant einen solchen Besinnungsaufsatz schreiben wollen. Es besteht auch die Gefahr, dass durch diese Ergänzungen die klaren Anweisungen in der Patientenverfügung relativiert werden und diese damit nicht mehr als verbindlich anerkannt werden. Vielleicht sollte dieses Formular ersetzt werden durch einen bislang nicht abgedruckten Vorschlag zum Innenverhältnis, das für viele Mandanten von besonderer Bedeutung ist. Da die Vorsorgedokumente für Menschen in jedem Alter erstellt werden sollten, wäre auch an die Aufnahme einer Sorgerechtsverfügung für minderjährige Kinder zu denken.
Positiv hervorzuheben ist, dass die Broschüre zu einem günstigen Preis über den Buchhandel bundesweit leicht zu beschaffen ist. Der herausnehmbare Formularteil ist sehr praktisch. Insgesamt bietet die Broschüre eine gute Arbeitshilfe für Bürger und Rechtsanwälte, die wichtige rechtliche Vorsorge in Standardfällen zu formulieren.
Dr. Ulrich Sandhövel, Rechtsanwalt, München
Autor: Dr. Ulrich Sandhövel
ZErb 3/2023, S. 117