Der Beschluss des LG Münster betrifft einen Problemkreis, der in der Praxis immer häufiger vorkommt: Ein erwachsenes Kind geschiedener Eltern verstirbt. Der Nachlass ist überschuldet und oftmals so dürftig (§§ 1990, 1991 BGB), dass Mittel für eine Beerdigung nicht vorhanden sind. Veranlasst dann ein Elternteil die Beerdigung, ohne selbst die Kosten tragen zu können, hat es zwar die Möglichkeit, beim Sozialhilfeträger nach § 74 SGB-XII (vormals: § 15 BSHG) einen Antrag auf Übernahme der Bestattungskosten zu stellen. Der Sozialhilfeträger verweist dann aber regelmäßig auf die hier streitgegenständlichen Ausgleichs- oder Freistellungsansprüche gegen den anderen Elternteil und lehnt eine Übernahme bis zur Klärung dieser Ansprüche ab. Da eine Klärung oder Durchsetzung der Ansprüche innerhalb der kurzen Bestattungsfrist (z. B. § 13 Abs. 3 BestG NRW: 8 Tage bei Erdbestattung) praktisch unmöglich ist, wird dem bestattenden, mittellosen Elternteil das Risiko aufgebürdet, die Ansprüche gerichtlich geltend zu machen. Wirtschaftlich leidtragend ist in dieser Situation das Bestattungsinstitut, das die Beerdigung ohne Kostenübernahmeerklärung des Sozialhilfeträgers durchgeführt hat, da Ansprüche gegen seinen Auftraggeber – den mittellosen Elternteil – wertlos sind. Sozialhilferechtlich wäre in dieser Situation sicherlich angezeigt, nur Ansprüche zu berücksichtigten, die umgehend klärbar sind. Dem bestattenden Elternteil kann angesichts der dringlich zu erfüllenden Bestattungspflicht (§ 8 BestattG NRW) nicht zugemutet werden, etwaige Ersatzansprüche gegen Dritte streitig durchzusetzen bzw. den Nachweis zu führen, dass ein Rückgriff nicht möglich ist (so auch: VG Freiburg, Beschluss vom 6.4.2004 – 4 K 519/04; SG Köln, Urteil vom 16.1.2008 – S 10 SO 72/07). Nach richtiger Ansicht des VG Freiburg hat der Sozialhilfeträger dem mittellosen vorrangig Bestattungspflichtigen die Bestattungskosten mindestens darlehensweise vorzuschießen. Allerdings kann dann der Sozialhilfeträger von dem Verpflichteten die Abtretung seines Anspruchs verlangen (vgl. BVerwGE 114, 57/58 = ZEV 2001, 447/448) oder den Anspruch überleiten (SG Köln, Urteil vom 16.1.2008 – S 10 SO 72/07). Die Entscheidung des LG Münster zur zivilrechtlichen Problematik ist vor diesem Hintergrund zu begrüßen. § 1615 Abs. 2 BGB ist eine eigenständige Anspruchsgrundlage des Verwandtenunterhalts (vgl. LG Dortmund NJW-RR 1996, 775). Für andere Unterhaltsverhältnisse bestehen vergleichbare Regelungen (vgl. §§ 1360a Abs. 3, 1361 Abs. 4, 1615m, 1615n BGB und §§ 5, 12 Abs. 2 S. 2 LPartG). Im entschiedenen Fall war die Mutter, die den Bestattungsauftrag erteilt hatte, sowohl Erbin als auch im Grundverhältnis Unterhaltspflichtige im Sinne des § 1601 BGB. Da aber der Nachlass dürftig war, entfiel die nach § 1968 BGB vorrangige Haftung als Erbin für die Beerdigungskosten. Als Mutter gehörte sie zwar dann auch zum Kreis der nach § 1615 Abs. 2 BGB für die Beerdigungskosten nachrangig haftenden unterhaltspflichtigen Verwandten. Die Kostentragungspflicht nach § 1615 Abs. 2 BGB ist aber aus der Unterhaltspflicht abgeleitet. Deshalb gelten die Bestimmungen für die Unterhaltspflicht auch für die Bestattungskosten (vgl. Engler: in Staudinger, BGB, 2000, § 1615 Rn 15). Die Mutter war im Gegensatz zum Vater nicht leistungsfähig im Sinne des § 1603 Abs. 1 BGB. Da sie damit selbst nicht zu den nach § 1615 Abs. 2 BGB verpflichteten Personen gehört, verbleibt allein der Vater als Kostentragungspflichtiger der Beerdigungskosten.
Dr. Falk Schulz, RA/FAErbR, Münster/Westfalen