Das Bundesfinanzminsterium hat mit Schreiben vom 9.1.2008 mitgeteilt, dass Einsprüche gegen Steuerbescheide, die ausschließlich mit dem Ziel eingelegt werden, den Steuerfall wegen der bevorstehenden Reform der Erbschaft- und Schenkungsteuer offen zu halten, mangels Rechtsschutzbedürfnis als unzulässig zurückzuweisen sind. Gleiches gilt für entsprechende Stundungsanträge.
Anlass für die Stellungnahme des Bundesministeriums der Finanzen war wohl eine Anfrage des Hessischen Ministeriums der Finanzen, nachdem im Bereich der Oberfinanzdirektion Frankfurt am Main vermehrt entsprechende Einsprüche eingelegt bzw. Stundungsanträge gestellt worden sind.
Nachdem sämtliche Steuerbescheide im Hinblick auf die geplante Reform des Erbschaft- und Schenkungsteuerrechts seit dem 19.3.2007 ohnehin in vollem Umfang vorläufig ergehen (§ 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AO) erstaunt es, dass manche Steuerpflichtige gegen entsprechende Steuerbescheide gleichwohl Einspruch einlegen. Sowohl in den Ländererlassen vom 19.3.2007 als auch in denen vom 10.3.2008 wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass ein Einspruch insoweit nicht erforderlich ist. Der Umstand, dass zahlreiche Steuerpflichtige offensichtlich gleichwohl Einspruch einlegen, zeigt, wie groß die Verunsicherung in Bezug auf die Zukunft der Erbschaft- und Schenkungsteuer ist. Das Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 9.1.2008 ist daher sachgerecht. Ein Einspruch wegen der geplanten Neuregelung ist derzeit weder erforderlich noch zulässig.
Die Möglichkeit, einen Steuerbescheid verfahrensrechtlich noch ändern zu können (z. B. nach § 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AO) ist im übrigen von dem Zeitpunkt zu unterscheiden, zu dem die Erbschaft- und Schenkungsteuer materiell-rechtlich entsteht (§ 9 Abs. 1 Nr. 1 und 2 ErbStG).
Die Schenkungsteuer entsteht mit der Ausführung der Schenkung (§ 9 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG und R 23 ErbStR). Für Schenkungen, die vor dem Inkrafttreten der Neuregelungen ausgeführt werden, gilt somit unstreitig das derzeit geltende ("alte") Schenkungsteuer- und Bewertungsgesetz. Eine rückwirkende Anwendung des neuen Rechts zu Lasten des Steuerpflichtigen ist nicht vorgesehen. Der Steuerpflichtige kann das neue Recht allerdings auch dann nicht wählen, wenn dies im Einzelfall für ihn günstiger als das neue Recht sein sollte. Bei der Schenkungsteuer besteht derzeit - entgegen früherer Ankündigungen - kein Wahlrecht zu Gunsten des Steuerpflichtigen. Für Schenkungen gilt damit aus heutiger Sicht: Für Schenkungen, die noch vor dem Inkrafttreten der Neuregelungen ausgeführt werden, gilt das derzeitige ("alte") Recht. Für Schenkungen, die erst nach dem Inkrafttreten der Neuregelungen ausgeführt werden, gilt das künftige ("neue") Recht. Je nachdem, ob die geplanten Neuregelungen für den Steuerpflichtigen im Einzelfall günstiger sind oder nicht, wird er eine Schenkung daher eher vorziehen oder zurückstellen.
Die Erbschaftsteuer entsteht grundsätzlich mit dem Tod des Erblassers (§ 9 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG). Für Erbfälle, die nach dem Inkrafttreten der Neuregelungen eintreten, gilt somit das künftige ("neue") Recht. Für Erbfälle, die vor dem Inkrafttreten der geplanten Neuregelungen und nach dem 1.1.2007 eintreten, gilt grundsätzlich das derzeitige ("alte") Recht. In diesem Fall steht dem Steuerpflichtigen aber ein Wahlrecht zu. Auf Antrag des Steuerpflichtigen kommt für diese Erbfälle das neue Erbschaftsteuerrecht (einschließlich der neuen Bewertungsvorschriften) zur Anwendung, allerdings ohne die neuen (erhöhten) persönlichen Freibeträge (nach § 16 ErbStG). Der Gesetzgeber hat auf diese Weise die Attraktivität des Wahlrechts erheblich eingeschränkt. Im Hinblick auf die Anordnungen des Bundesverfassungsgerichts zur Weitergeltung des bisherigen Rechts erscheint zudem fraglich, ob eine solche kombinierte Rückwirkung aus teilweise altem und teilweise neuem Recht verfassungsrechtlich überhaupt zulässig ist. Das Wahlrecht ist im übrigen reichlich kompliziert ausgestaltet, so dass viele Fragen vermutlich erst dann geklärt werden, wenn die Frist für die Ausübung des Wahlrechts längst abgelaufen ist. Selbst der Finanzverwaltung scheint die Anwendung des geplanten Wahlrechts gewisse Schwierigkeiten zu bereiten. Nach dem gepanten Gesetzeswortlaut ist die Frist für die Ausübung des Wahlrechts davon abhängig, ob die Erbschaftsteuer vor oder nach dem Inkrafttreten der gesetzlichen Neuregelung festgesetzt worden ist. Wird die Erbschaftsteuer noch vor dem Inkrafttreten der Erbschaftsteuer festgesetzt, kann das Wahlrecht grundsätzlich nur innerhalb von sechs Monaten nach Inkrafttreten der Neuregelung ausgeübt werden (Art. 3 Abs. 2 ErbStG-E). Erfolgt die Festsetzung der Erbschaftsteuer dagegen erst nach dem Inkraftreten der Neuregelung, kann das Wahlrecht bis zur Unanfechtbarkeit des Erbschaftsteuerbescheids ausgeübt werden (Art. 3 Abs. 1 ErbStG-E). Das Hessische Ministerium der Finanzen geht demnach davon aus, dass in diesem Fall eine "zeitlich unbefristete Änderungsmöglichkeit fü...