1. Vorsorgevollmacht
Eine Vorsorgevollmacht nach deutschem Recht ist dem französischen Recht unbekannt. Allerdings können gemäß Artikel 1984 des Code Civil (C.C.) Spezial- und Generalvollmachten erteilt werden. Nach Artikel 2003 C.C. endet aber ein sogenanntes "Mandat" (Auftrag und die darin enthaltene Vollmacht) nicht nur durch Widerruf oder Verzicht und durch den Tod des Vollmachtgebers oder Vollmachtnehmers, sondern auch durch die Eröffnung einer sogenannten "Tutelle" (Vormundschaft Kraft richterlicher Bestellung) hinsichtlich des Vollmachtgebers oder des Bevollmächtigten.
Gemäß Artikel 2003 C.C. erlischt die Vollmacht durch
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Widerruf des Bevollmächtigten |
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dessen Verzicht auf die Vollmacht |
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den Tod |
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Vormundschaft bei Volljährigen oder Insolvenz, sei es beim Vollmachtgeber oder beim Bevollmächtigten |
Die bloße Geschäftsunfähigkeit bringt die Vollmacht noch nicht zum Erlöschen, sondern erst der gerichtliche Beschluss über die Anordnung der Vormundschaft.
Ist der Vollmachtgeber noch nicht geschäftsunfähig, sondern lediglich durch Alter oder Krankheit beeinträchtigt, kann eine Art gerichtliche Betreuung angeordnet werden (Artikel 491 iVm Artikel 490 C.C.). Dann gilt eine zuvor erteilte Verwaltungsvollmacht fort (Artikel 491-3, Abs. 1 C.C.). Ist die Vollmacht ausdrücklich im Hinblick auf eine mögliche Anordnung der Betreuung erteilt, so kann sie während der Betreuung vom Vollmachtgeber nur mit Genehmigung des Vormundschaftsgerichts widerrufen werden.
Durch das bereits beschlossene und verkündete Gesetz wird in Frankreich mit Wirkung zum 1.1.2009 eine Art Vorsorgevollmacht eingeführt (Artikel 477 ff C.C. nF).
Danach kann jeder Volljährige oder für mündig erklärte Minderjährige, der nicht unter Vormundschaft steht, einer oder mehreren Personen Vollmacht erteilen, wenn er aufgrund einer geistigen Krankheit oder altersbedingten Schwäche (eigene Übersetzung Artikel 490 C.C.) seine Angelegenheiten nicht mehr selbst wahrnehmen kann.
Die Vorsorgevollmacht erlischt ebenfalls bei Anordnung einer Pflegschaft oder Vormundschaft. Bei Anordnung einer Betreuung kann das Vormundschaftsgericht die Vollmacht aufheben (Artikel 483 C.C. nF).
Bei notarieller Beurkundung genügt eine Generalvollmacht; die einzelnen betroffenen Rechtsgeschäfte müssen nicht ausdrücklich benannt werden. Jedoch kann der Bevollmächtigte unentgeltliche Verfügungen nur mit Genehmigung des Vormundschaftsgerichtes vornehmen. Eine Vorsorgevollmacht nach neuem Recht kann bereits ab der Veröffentlichung des neuen Gesetzes (7.3.2007) erteilt werden. Sie wird aber erst mit dem Inkrafttreten (1.1.2009) wirksam (Artikel 45 Abs. 3 Gesetz Nr. 2007-308).
2. Patientenverfügung
Mit dem Gesetz über die Rechte der Kranken und die Rechte am Lebensende vom 22.4.2005 hat der französische Gesetzgeber die Vorschrift des Artikel L1110-5 Code de la santé publique erheblich erweitert. So wurde in Absatz 2 das Verbot sinnloser Behandlungen und in Absatz 5 die indirekte Sterbehilfe geregelt. Des Weiteren wurde in Artikel 1111.4 den Patienten das Recht eingeräumt, jegliche medizinische Behandlung zu verweigern bzw. jegliche bereits begonnene Behandlung abzubrechen.
Der Schwerpunkt der Neuregelung liegt auf der Rechtstellung von Patienten, die sich am Lebensende befinden. Dies sind Personen, die sich im fortgeschrittenen Stadium oder im Endstadium einer schweren und nicht heilbaren Krankheit befinden. Im Rahmen dessen hat der Gesetzgeber Artikel L1111-11 neu eingeführt, der die Anerkennung von Patientenverfügungen regelt. Das Gesetz schreibt lediglich Schriftform vor. Die Regelung näherer Einzelheiten zur Schriftform, zum Datenschutz sowie zur Aufbewahrung der Patientenverfügung bleiben gemäß Artikel 1111-11 Abs. 3 dem Staatsrat mittels Dekret vorbehalten. Allerdings ist zu beachten, dass die Patientenverfügung gegenüber dem Arzt keine Bindungswirkung entfaltet, sondern lediglich Indizwirkung hinsichtlich des Wunsches des Patienten, an seinem Lebensende eine ärztliche Behandlung zu beschränken oder gar aufzuheben, hat.
Ebenso sieht Artikel 1111-11 Abs. 1 eine zeitliche Beschränkung vor. Danach ist die Rechtswirksamkeit der Patientenverfügung auf drei Jahre beschränkt. Liegt ihre Abfassung länger als drei Jahre vor dem Zeitpunkt des Eintritts der Bewusstlosigkeit, ist der behandelnde Arzt nicht verpflichtet, sie bei Entscheidungen über die Untersuchung, die Vornahme von Eingriffen oder Behandlungen zu berücksichtigen. Im Übrigen ist die Patientenverfügung jederzeit widerrufbar.
Der Patient hat gemäß Artikel L1111-6 die Möglichkeit, eine Person seines Vertrauens zu bestimmen, die in seinem Namen und Willen seine Patientenverfügung zur Geltung bringt und die erforderlichen Informationen erteilt, sofern der Patient sich nicht mehr selbst erklären kann. Sie ist – von Notfällen und von Unmöglichkeit abgesehen – vor je...