Auch wenn noch abzuwarten bleibt, inwieweit die Finanzverwaltung bei der Steuerveranlagung tatsächlich der soeben dargestellten dogmatischen Einordnung der verschiedenen Varianten folgen oder stattdessen eine für den Steuerpflichtigen (insbesondere die betroffenen Gesellschaften) günstigere, mehr wirtschaftlich geprägte Betrachtungsweise an den Tag legen wird, bleibt zwar abzuwarten. Im Hinblick auf die im Erbschaftsteuerrecht grundsätzlich gebotene strenge Orientierung an der Zivilrechtslage sollte die Hoffnung allerdings wohl eher zurückhaltend ausfallen.
Dogmatisch betrachtet zeigt sich jedenfalls, dass verschiedene in der Praxis durchaus gebräuchliche Gestaltungsvarianten zur Vermeidung der Zersplitterung des Gesellschafterkreises in erbschaftsteuerlicher Hinsicht durchaus problematisch sind. Insbesondere die Einziehung der Beteiligung eines durch Tod aus der Gesellschaft ausscheidenden Gesellschafters verbietet sich sozusagen von selbst. Dies gilt umso mehr, als dasselbe wirtschaftliche Ergebnis durch eine (anteilige) Zwangsabtretung an die überlebenden Gesellschafter auf wesentlich steuerschonendere Art und Weise erreicht werden kann. Sieht der Gesellschaftsvertrag einen entsprechenden Automatismus vor, sind sowohl die §§ 13 a, b als auch § 19a ErbStG anwendbar.
Soll das Gesellschaftsverhältnis mit einer anderen, an die Stelle des Erblassers tretenden Person fortgesetzt werden, empfiehlt es sich dringend, diese entweder im Gesellschaftsvertrag konkret zu benennen oder einen Auswahlmechanismus zu definieren, der eine eigene Entscheidung der Gesellschaft bzw. der Gesellschafterversammlung ausschließt und somit auch einen Zwischenerwerb durch die Gesellschaft vermeidet. Im Extremfall könnte dies sogar dadurch geschehen, dass der Gesellschaftsvertrag eine Zwangsabtretung an diejenige Person vorsieht, die der Erblasser in seinem Testament (zum Beispiel als Vermächtnisnehmer) benennt.
Zwangsabtretungsregelungen, die der Gesellschaft eigenständige Wahlrechte einräumen und auf diese Weise zu einem (Zwischen-)Erwerb der Gesellschaft führen, wirken erbschaftsteuerlich wenigstens suboptimal, in vielen Fällen sogar katastrophal: Entschließt sich die Gesellschaft dazu, die Anteile als "eigene Anteile" im Sinne von § 33 GmbHG zu halten, wird hierdurch – gegenüber der unmittelbaren Zwangsabtretung an die Mitgesellschafter – wenigstens ein Progressionsnachteil in Kauf genommen. Bei einer zeitnahen – wie auch immer gearteten – Weiterübertragung an bisherige oder neu hinzutretende Gesellschafter wird die Zwangsabtretung an die Gesellschaft voll besteuert; eine Verschonung nach § 13a ErbStG kommt wegen des Verstoßes gegen die Behaltensregelungen (§ 13a Abs. 5 ErbStG) nicht infrage. Nur die Weiterübertragung an den neuen Gesellschafter, die gem. § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG eigenständig steuerpflichtig ist, kann ggf. privilegiert sein. Alles in allem kann dieses Ergebnis aus der Sicht der Gesellschafter, die die entsprechende Abtretungsklausel vereinbart haben, sicherlich nicht akzeptabel sein.
Abgesehen davon, dass die soeben beschriebenen Steuerbelastungen an und für sich bereits ärgerlich genug wären, treffen sie regelmäßig die Gesellschaft als solche oder die verbleibenden Gesellschafter, also Personen, die von der Abtretung überhaupt keinen wirtschaftlichen Vorteil in Form eines Vermögenszuwachses haben. Eine Überwälzung der Steuerlasten auf den oder die neu hinzutretenden Gesellschafter kommt zumeist nicht in Betracht.
Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, auf welche Weise im Ernstfall eine Schadensbegrenzung möglich ist und wie – vor Schadenseintritt – die vertraglichen Regelungen angepasst werden können, um einen steuerlichen Super-Gau zu vermeiden.