aa) Einziehung
Wird ein GmbH-Geschäftsanteil nach § 34 GmbHG eingezogen, geht der zunächst auf die Erben übergegangene Anteil unter. Mithin kann in dieser Situation auch nicht der Anteil als solcher Gegenstand eines steuerpflichtigen Erwerbs durch die Gesellschaft oder die Gesellschafter sein. Aus diesem Grund enthält § 3 Abs. 1 Nr. 2 Satz 3 ErbStG eine gesetzliche Fiktion, der zufolge die verbleibenden Mitgesellschafter als um die Differenz zwischen dem steuerlich maßgeblichen Wert des eingezogenen Anteils (seit 1. Januar 2009 gemeiner Wert) und der zu leistenden Abfindung bereichert gelten. Der steuerpflichtige Erwerb ist vor diesem Hintergrund auf der Ebene der Mitgesellschafter, nicht der Gesellschaft anzusiedeln.
Auch wenn sich die gesetzliche Regelung nach ihrem Wortlaut ausschließlich auf Gesellschaften mit beschränkter Haftung bezieht, kann für Aktiengesellschaften oder auch KGaAs im Ergebnis wohl nichts anderes gelten. Denn eine Bereicherung der jeweiligen Gesellschaft selbst tritt durch die Einziehung nicht ein; wirtschaftlich bereichert sind stets lediglich die verbleibenden Mitgesellschafter. Soweit man § 3 Abs. 1 Nr. 2 Satz 3 ErbStG lediglich als gesetzliche Klarstellung und nicht als eigenständigen Besteuerungstatbestand ansieht, liegt in seiner entsprechenden Anwendung auf andere Kapitalgesellschaftsformen auch kein Verstoß gegen das Verbot der Analogie zulasten des Steuerpflichtigen, sodass die für die GmbH ausdrücklich normierte Rechtslage für sämtliche Kapitalgesellschaften Gültigkeit hat.
bb) Zwangsabtretung an die Gesellschaft
Werden die von Todes wegen erworbenen Gesellschaftsrechte an die Gesellschaft abgetreten, ist – eine unter dem gemeinen Wert liegende Abfindung vorausgesetzt – die Gesellschaft selbst als Erwerberin anzusehen. Die Zwangsabtretung führt in diesem Fall nicht zum Untergang der Anteile; diese bestehen vielmehr in der Hand der Kapitalgesellschaft fort und bilden bei ihr ein – mehr oder weniger – fungibles Wirtschaftsgut. Auch wenn die auf diese Weise eintretende Vermögenserhöhung mittelbar den verbliebenen Gesellschaftern zugute kommt, ändert dies nichts daran, dass die Anteile auf die Gesellschaft als eigenständiges Rechts- bzw. Steuerrechtssubjekt übergehen.
cc) Abtretung an Mitgesellschafter oder Dritte
Wer bei Zwangsabtretungen an (alle oder einzelne) Mitgesellschafter oder an Dritte als Erwerber im erbschaftsteuerrechtlichen Sinne anzusehen ist, hängt im Wesentlichen davon ab, auf welche Weise die Entscheidung über die Identität des Abtretungsempfängers getroffen wird. Demnach ist wie folgt zu unterscheiden:
Überlässt die gesellschaftsvertragliche Regelung die letztendliche Entscheidung der Gesellschaft (oder auch der Gesellschafterversammlung), ist als Erwerberin im Sinne von § 3 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 ErbStG jedenfalls die Gesellschaft selbst anzusehen. Dies gilt auch dann, wenn der Anteil durch Abkürzung des Leistungsweges unmittelbar von dem erbrechtlichen Erwerber an den neuen Gesellschafter abgetreten wird. Denn auch hier erwirbt zunächst die Gesellschaft den Anteil, um ihn hernach an den neuen Gesellschafter weiterzugeben. Ob es sich bei dem neuen Gesellschafter um einen fremden Dritten oder um eine auch schon zuvor an der Gesellschaft beteiligte Person handelt, spielt keine Rolle.
Soweit – wie regelmäßig – der den Anteil erwerbende neue Gesellschafter ein unter dem gemeinen Wert liegendes Entgelt zu leisten hat, ist natürlich auch er steuerpflichtig bereichert, und zwar gem. § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG. Weder § 3 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 noch § 7 Abs. 7 ErbStG finden auf den neuen Gesellschafter Anwendung, da beide Vorschriften grundsätzlich einen Übergang von Gesellschaftsanteilen auf die Gesellschaft selbst oder auf Mitgesellschafter voraussetzen. Diese Bedingung ist bei einer Abtretung von der Gesellschaft an den Eintretenden nicht erfüllt.
Anders stellt sich die Situation dar, wenn der Erwerber bzw. der Empfänger der Zwangsabtretung bereits gesellschaftsvertraglich vorgegeben ist. In dieser Situation wird es sich bei ihm zumeist um einen Mitgesellschafter handeln, sodass sich die Steuerpflicht nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 ErbStG richtet; es liegt dann eine unmittelbare Zuwendung vom Erblasser an den Anteilserwerber vor, und zwar in Form eines verfügenden Vertrages zugunsten Dritter (§ 328 BGB).
Soweit die Zwangsabtretung eines GmbH-Geschäftsanteils an einen oder mehrere Mitgesellschafter im Gesellschaftsvertrag (oder in der letztwilligen Verfügung des Erblassers) bereits definitiv angelegt ist, kommt auch eine Steuerpflicht nach § 7 Abs. 7 Satz 3 ErbStG in Betracht. Denn in Fällen der beschriebenen Art handelt es sich (auch) um Zwangsabtretungen im Sinne von § 10 Abs. 10 Satz 2 ErbStG. Da § 10 Abs. 10 ErbStG sowohl nach seinem Wortlaut als auch nach der entsprechenden Gesetzesbegründung allein die Fälle im Blick hat, in denen die Abtretung (oder Einziehung) gesellschaftsvertraglich bereits zwingend vorgegeben ist, beschränkt sich au...