Vor diesem Hintergrund stellt sich nach wie vor die Frage, ob und inwieweit auch beim Vorliegen von Abtretungs- und/oder Einziehungsklauseln eine Anwendung der Verschonungsregeln der §§ 13 a, b und 19 a ErbStG in Betracht kommt.
So lange der Kapitalgesellschaftsanteil beim Erben bzw. Vermächtnisnehmer des verstorbenen Gesellschafters verbleibt, also keine Einziehung oder Zwangsabtretung stattfindet, sind die Verschonungsregeln selbstverständlich ohne Weiteres anwendbar, sodass – die Erfüllung sämtlicher weiterer Bedingungen vorausgesetzt – eine sehr weitgehende Verschonung eintreten kann.
Wird jedoch der ererbte (oder vermachte) Kapitalgesellschaftsanteil eingezogen oder (zwangs)abgetreten, muss dies wenigstens zum Verlust der Verschonungen führen. Zum bisherigen Recht ging die Finanzverwaltung sogar davon aus, dass nicht lediglich ein Verstoß gegen die Behaltensregeln des § 13 a Abs. 3 ErbStG aF vorliege. Vielmehr sollten nach R 55 Abs. 2 Satz 6 ErbStR 2003 die Begünstigungen bei Vorhandensein einer Übertragungsverpflichtung von vornherein nicht gewährt werden.
Nach neuem Recht gilt nunmehr: In Fällen des § 10 Abs. 10 Satz 2 ErbStG, also bei Vorliegen einer abschließenden gesellschaftsvertraglichen Regelung über die Einziehung bzw. die Zwangsabtretung, gilt als Gegenstand des steuerpflichtigen Erwerbs von Anfang an lediglich der Abfindungsanspruch, nicht der Anteil selbst. Mithin scheidet eine Anwendung der §§ 13 a, b und 19 a ErbStG aus.
Ist der Gesellschaftsvertrag weniger eindeutig und bedarf es daher für die Durchführung der Einziehung oder Zwangsabtretung noch eines dem Erbfall nachgelagerten Rechtsakts, z. B. eines Gesellschafterbeschlusses, so ist – jedenfalls nach dem Gesetz und ohne Beachtung von R 55 Abs. 2 Satz 6 ErbStR 2003 – der Anwendungsbereich der Verschonungsregeln grundsätzlich eröffnet. Der spätere Verlust des Anteils stellt dann aber – wenigstens – einen Fall von § 13 a Abs. 5 bzw. § 19 a Abs. 5 ErbStG dar, sodass die Verschonung wieder – ggf. zeitanteilig (§ 13 a Abs. 5 Satz 2 ErbStG) – entfällt.
Für bestimmte Fälle sehen § 13 a Abs. 3 sowie § 19 a Abs. 3 ErbStG allerdings Sonderregelungen vor, denen zufolge die Verschonungen durch den Erben bzw. Vermächtnisnehmer – trotz zunächst erfolgenden Erwerbs des Kapitalgesellschaftsanteils im erbschaftsteuerrechtlichen Sinne – gar nicht erst beansprucht werden können: Dies gilt dann, wenn der Anteil aufgrund einer letztwilligen Verfügung des Erblassers oder aufgrund einer rechtsgeschäftlichen Verfügung des ursprünglichen Gesellschafters auf einen Dritten übertragen werden muss. Im Hinblick auf § 10 Abs. 10 ErbStG können hier eigentlich nur solche Fälle gemeint sein, in denen entweder der Gesellschaftsvertrag oder die letztwillige Verfügung des Erblassers zwar eine abschließende Regelung (Übertragungsverpflichtung) enthält, deren Durchführung jedoch noch weitere Rechtshandlungen erfordert, zum Beispiel die Annahme der Abtretung durch einen gesellschaftsvertraglich bislang nicht gebundenen Dritten (Neugesellschafter) oder die Annahme eines entsprechenden Vermächtnisses durch den Vermächtnisnehmer.
Des Weiteren gelten § 13 a Abs. 3 und § 19 a Abs. 3 ErbStG für Übertragungen im Rahmen der Teilung des Nachlasses, wenn der Kapitalgesellschaftsanteil auf einen Miterben übertragen wird. Erfasst werden hier sowohl diejenigen Gestaltungen, die darauf abzielen, die Rechtsfolgen der qualifizierten Nachfolgeklausel (bei Personengesellschaften) auch im Bereich der Kapitalgesellschaft zu verwirklichen, sowie entsprechende Teilungsanordnungen oder vom Erblasserwillen unabhängig zwischen den Miterben getroffene Vereinbarungen.
Im Hinblick auf die bisherige Praxis der Finanzverwaltung ist zu vermuten, dass – soweit überhaupt Verschonungen gewährt werden – § 13 a Abs. 3 bzw. § 19 a Abs. 3 ErbStG auch über ihren eigentlichen Wortlaut hinaus auf alle diejenigen Fälle angewendet wird, in denen es auf der Grundlage gesellschaftsvertraglicher oder testamentarischer Regelungen zu einer Einziehung oder Abtretung ererbter oder vermächtnisweise erworbener Kapitalgesellschaftsanteile kommt, und zwar unabhängig davon, ob die vom Erblasser stammende Anordnung (Gesellschaftsvertrag oder letztwillige Verfügung) bereits abschließend ist oder nur ein nach dem Erbfall auszuübendes Gestaltungsrecht (zum Beispiel Einziehungsbeschluss) eröffnet.
Klar ist darüber hinaus – und das galt auch schon nach altem Recht –, dass eine dauerhafte Privilegierung des zur Weitergabe verpflichteten Erwerbers (Erbe oder Vermächtnisnehmer) ausgeschlossen bleibt.
In bestimmten Konstellationen steht im Übrigen dem Verlust der Verschonungen auf Ebene des Erben gem. § 13 a Abs. 3 ErbStG – sozusagen spiegelbildlich – die Klarstellung in § 13 b Abs. 3 ErbStG gegenüber. Der Vorschrift kommt jedoch nur dann eine eigenständige Relevanz zu, wenn die Zwangsabtretung an einen anderen Miterben erfolgt und dieser die Abfindung mit aus demselben Nachlass stammenden Mitteln leistet. Des Weiteren kommt eine unmittelba...