Werden die von Todes wegen erworbenen Gesellschaftsrechte an die Gesellschaft abgetreten, ist – eine unter dem gemeinen Wert liegende Abfindung vorausgesetzt – die Gesellschaft selbst als Erwerberin anzusehen. Die Zwangsabtretung führt in diesem Fall nicht zum Untergang der Anteile; diese bestehen vielmehr in der Hand der Kapitalgesellschaft fort und bilden bei ihr ein – mehr oder weniger – fungibles Wirtschaftsgut. Auch wenn die auf diese Weise eintretende Vermögenserhöhung mittelbar den verbliebenen Gesellschaftern zugute kommt, ändert dies nichts daran, dass die Anteile auf die Gesellschaft als eigenständiges Rechts- bzw. Steuerrechtssubjekt übergehen.
cc) Abtretung an Mitgesellschafter oder Dritte
Wer bei Zwangsabtretungen an (alle oder einzelne) Mitgesellschafter oder an Dritte als Erwerber im erbschaftsteuerrechtlichen Sinne anzusehen ist, hängt im Wesentlichen davon ab, auf welche Weise die Entscheidung über die Identität des Abtretungsempfängers getroffen wird. Demnach ist wie folgt zu unterscheiden:
Überlässt die gesellschaftsvertragliche Regelung die letztendliche Entscheidung der Gesellschaft (oder auch der Gesellschafterversammlung), ist als Erwerberin im Sinne von § 3 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 ErbStG jedenfalls die Gesellschaft selbst anzusehen. Dies gilt auch dann, wenn der Anteil durch Abkürzung des Leistungsweges unmittelbar von dem erbrechtlichen Erwerber an den neuen Gesellschafter abgetreten wird. Denn auch hier erwirbt zunächst die Gesellschaft den Anteil, um ihn hernach an den neuen Gesellschafter weiterzugeben. Ob es sich bei dem neuen Gesellschafter um einen fremden Dritten oder um eine auch schon zuvor an der Gesellschaft beteiligte Person handelt, spielt keine Rolle.
Soweit – wie regelmäßig – der den Anteil erwerbende neue Gesellschafter ein unter dem gemeinen Wert liegendes Entgelt zu leisten hat, ist natürlich auch er steuerpflichtig bereichert, und zwar gem. § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG. Weder § 3 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 noch § 7 Abs. 7 ErbStG finden auf den neuen Gesellschafter Anwendung, da beide Vorschriften grundsätzlich einen Übergang von Gesellschaftsanteilen auf die Gesellschaft selbst oder auf Mitgesellschafter voraussetzen. Diese Bedingung ist bei einer Abtretung von der Gesellschaft an den Eintretenden nicht erfüllt.
Anders stellt sich die Situation dar, wenn der Erwerber bzw. der Empfänger der Zwangsabtretung bereits gesellschaftsvertraglich vorgegeben ist. In dieser Situation wird es sich bei ihm zumeist um einen Mitgesellschafter handeln, sodass sich die Steuerpflicht nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 ErbStG richtet; es liegt dann eine unmittelbare Zuwendung vom Erblasser an den Anteilserwerber vor, und zwar in Form eines verfügenden Vertrages zugunsten Dritter (§ 328 BGB).
Soweit die Zwangsabtretung eines GmbH-Geschäftsanteils an einen oder mehrere Mitgesellschafter im Gesellschaftsvertrag (oder in der letztwilligen Verfügung des Erblassers) bereits definitiv angelegt ist, kommt auch eine Steuerpflicht nach § 7 Abs. 7 Satz 3 ErbStG in Betracht. Denn in Fällen der beschriebenen Art handelt es sich (auch) um Zwangsabtretungen im Sinne von § 10 Abs. 10 Satz 2 ErbStG. Da § 10 Abs. 10 ErbStG sowohl nach seinem Wortlaut als auch nach der entsprechenden Gesetzesbegründung allein die Fälle im Blick hat, in denen die Abtretung (oder Einziehung) gesellschaftsvertraglich bereits zwingend vorgegeben ist, beschränkt sich auch der Anwendungsbereich von § 7 Abs. 7 Satz 3 ErbStG auf diese Fälle.
Ist die Einziehung in der GmbH-Satzung bereits – und sei es auch nur für bestimmte Erben – fest vereinbart, kann also die Einziehung seitens der Gesellschaft ohne weitere Gesellschafterbeschlüsse verlangt werden, besteht ebenfalls (auch) eine Steuerpflicht nach § 7 Abs. 7 Satz 3 ErbStG. Denn auch Fälle dieser Art fallen unter § 10 Abs. 10 Satz 2 ErbStG und werden daher – zusätzlich zu § 3 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG – von § 7 Abs. 7 Satz 3 ErbStG erfasst.
In den – praktisch wohl eher seltenen Fällen – der Benennung eines Nicht-Gesellschafters greift die Sonderregelung des § 3 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 ErbStG nicht. In Betracht käme hier jedoch ein steuerpflichtiger Erwerb gem. § 3 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 ErbStG (Schenkung auf den Todesfall) oder, soweit es sich bei dem Erwerber um einen Miterben handelt, ein Erwerb durch Erbanfall, § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG.