Leitsatz
Der sich anwaltlich selbst vertretende Testamentsvollstrecker kann Mehrwertsteuer berechnen und festsetzen lassen.
LG Bonn, Beschluss vom 25. Februar 2009 – 18 O 60/05, bestätigt durch Beschluss des OLG Köln vom 13. März 2009 – 17 W 58/09
Aus den Gründen
Die Beschwerde ist zulässig und fristgerecht, jedoch unbegründet. Grundsätzlich ist die Erklärung des Nichtbestehens eines Vorsteuerabzugs im formellen Kostenfestsetzungsverfahren gem. § 104 Abs. 2 S. 3 ZPO ausreichend. Dies ergibt sich u. a. aus einer Entscheidung des OLG Köln vom 20.9.2005 – 17 W 182/05. Die erforderlichen Erklärungen wurden jeweils in den Kostenfestsetzungsanträgen vom 17.11.2008 und 29.04.2008 abgegeben. Insoweit deckt sich auch die v. g. Entscheidung mit dem vom Rechtsmittelgegner vorgelegten Beschluss vom 12.7.2007 des OLG Frankfurt a. M.
Die von der Klägerseite zur Festsetzung angemeldete Umsatzsteuer ist antragsgemäß ausgeglichen und festgesetzt worden.
Dagegen wendet sich die Beklagte mit dem Rechtsmittel und trägt vor, dass auf Klägerseite Vorsteuerabzugsberechtigung besteht, weil aufgrund der Selbstvertretung von Rechtsanwalt S. keine Umsatzsteuer angefallen sei.
Bei dem Entstehen der Umsatzsteuer bei einer Vertretung des Rechtsanwalts in eigener Angelegenheit ist zwischen einem Innengeschäft (Rechtsstreit aufgrund beruflicher Anwaltstätigkeit) und einem Außengeschäft (Prozess wegen Privattätigkeit) zu unterscheiden (vgl. Rn 27 zu VV 7008 RVG, Kommentar Gerold/Schmidt, 18. Auflage).
Die Testamentsvollstreckertätigkeit von RA S. gehört zur anwaltlichen Berufsausübung. (vgl. Gerichtsbescheid des FG München vom 30.11.2001 – 14 K 934/99).
Jedoch nimmt der Rechtsanwalt die Klägerstellung als Partei kraft Amtes ein und klagt in eigenem Namen fremdes Recht ein. Zu der Tätigkeit eines Testamentsvollstreckers gehört auch die Führung eines Prozesses für den Nachlass. Da er nicht für sich selbst, sondern für die Erben bzw. den Nachlass tätig wird, unterliegt der Kläger mit seinen Gebühren der Umsatzsteuer (vgl. dazu FG Bremen, Beschluss vom 13.12.1996, 296207 Ko 2).
Der von der Beklagten vorgelegte Beschluss des BGH Karlsruhe vom 25.11.2004 – I ZB 16/04 – betrifft ein reines Innengeschäft des Rechtsanwalts, wo ein Rechtsanwalt eigene berufsbedingte Ansprüche einklagt.
Dies ist aber vorliegend nicht gegeben. Der Beschwerde war daher nicht abzuhelfen.
Anmerkung
Der Entscheidung ist zuzustimmen. Dem sich anwaltlich selbst vertretenden Testamentsvollstrecker begegnet im Kostenfestsetzungsverfahren häufiger der Einwand, er unterfalle wie ein Rechtsanwalt in eigener Sache nicht der Umsatzsteuer oder sei zumindest vorsteuerabzugsberechtigt, sodass keine Umsatzsteuer berechnet bzw. festgesetzt werden dürfe. Dies ist aus zwei Gründen unzutreffend:
Zum einen wird der Testamentsvollstrecker anders als der Rechtsanwalt in eigener beruflicher Sache (vgl. insoweit BGH NJW-RR 2005, 363) nicht für sich, sondern als Partei kraft Amtes im fremden Interesse, d. h. für die Erben bzw. den Nachlass, tätig. Diese Tätigkeit stellt somit eine umsatzsteuerpflichtige "sonstige Leistung" iSv § 3 Abs. 9 UStG dar.
Zum anderen besteht bezüglich des Anwaltshonorars keine Vorsteuerabzugsberechtigung, obwohl der Testamentsvollstrecker in der Regel umsatzsteuerpflichtig ist (vgl. hierzu ausführlich Bengel/Reimann, Handbuch d. Testamentsvollstreckung, 4. Aufl., 10. Kap., Rn 220 ff), weil die Zahlung des Anwaltshonorars nicht aus Mitteln des Testamentsvollstreckers erfolgt sondern aus solchen der Erben bzw. des Nachlasses. Eine Vorsteuerabzugsberechtigung käme also nur für den seltenen Fall in Betracht, dass der Erbe selbst vorsteuerabzugsberechtigt ist.
Herbert Spoelgen, Rechtsanwalt, Bonn