Günter Jochum und Kay-Thomas Pohl
Bundesanzeiger Verlag, 4. Auflage, Köln 2009
709 Seiten, 88 EUR
Die Nachlasspflegschaft
Walter Zimmermann
Verlag Ernst und Werner Gieseking, 2. Auflage, Bielefeld 2009
506 Seiten, 68 EUR
"Nun, lieber Kandidat – wer soll denn nun Dein Herzblatt sein? Die abgebrühte Brünette, mit der du Pferde stehlen kannst, die aber auch nicht davor zurückschreckt, dir Thomas Mann im Original vorzulesen? Oder die blumige Blondine, die reizende Chemielaborantin mit einem Herz zum Spenden und einem Hang zu nummerierten Plastikkarten? Du musst dich entscheiden!" Man hat es nicht leicht. Seit dem Jahr 2006 werden wir (Männer und Frauen) zwar nicht mehr in der Sendung Herzblatt von Rudi Carrell und Co. vor eine schwere Wahl gestellt. Aber dafür hat sich die erbrechtliche Literatur in den letzten Jahren sprunghaft vermehrt und drängelt sich in der Auswahl.
Auch auf das Gebiet der Nachlasspflegschaft trifft dies zu, in dem nun zwei Publikationen neu aufgelegt wurden: Das Buch der Rechtsanwälte Jochum und Pohl ist in der 4. Auflage erschienen; Prof. Dr. Walter Zimmermann, Vizepräsident des LG Passau a. D., hat die 2. Auflage seiner Abhandlung verfasst.
Beide Werke behandeln rechtliche und praktische Fragen der Nachlasspflegschaft: Im Mittelpunkt stehen die Ermittlung, Sicherung und Verwaltung des Nachlasses durch den Pfleger. Detailliert werden der ordnungsgemäße Umgang mit Bestattern, Vermietern, Gläubigern sowie mit dem Inventar, Bargeld, Konten, Versicherungen usw. dargestellt. In erster Linie möchten die Verfasser Nachlasspfleger bei ihrer Arbeit unterstützen. Da dies weitgehend eine mehr tatsächliche als juristische Tätigkeit ist, sparen sie nicht mit praktischen Hinweisen.
In den Büchern wird darüber hinaus auf das Anordnungsverfahren, Fragen der nachlassgerichtlichen Genehmigungen, Berichtspflichten und Haftung, die Beendigung der Pflegschaft und – natürlich – die Vergütung und den Aufwendungsersatz des Nachlasspflegers eingegangen.
Das neue Verfahrensrecht durch das FamFG berücksichtigen sowohl Jochum und Pohl als auch Zimmermann. Neue und relevante ältere Rechtsprechung sowie weiterführende Literatur kann der Leser problemlos den Fußnoten entnehmen.
Ihre Neuauflage haben Jochum und Pohl nicht nur überarbeitet, sondern auch um 159 Seiten ausgebaut. Davon entfallen allerdings schon 101 Seiten auf den Anhang. Ob etwa die Gesetzestexte und die über 20 Seiten lange Aufzählung von Gerichtsentscheidung wirklich wichtig und in den Zeiten von Juris hilfreich sind, ist fraglich. Unter dem Umfang der Ausführungen droht an anderer Stelle die Übersichtlichkeit zu leiden. So wird es zumindest für einen Anfänger zunächst mühsam sein, bei den Ausführungen zur Vergütung und zum Aufwendungsersatz Wesentliches von weniger Wichtigem zu trennen.
Teile der juristischen Ausführungen – wie zur Erbauseinandersetzung und zur Nachlassverwaltung (Kapitel 10 und 12) – gehören nicht zwingend in ein Buch zur Nachlasspflegschaft. Da Nachlasspfleger den ermittelten Erben aber oft die Durchführung der Auseinandersetzung anbieten und eine Nachlasspflegschaft auch in eine Nachlassverwaltung übergehen kann, ist die Behandlung der Themen nachzuvollziehen.
Überhaupt ist der Praxisbezug die Stärke des Buches: So werden tabellarisch genealogische Begriffe erklärt, weiterführende Internetadressen aufgelistet und eine Transkriptionstabelle für Sütterlin wurde abgedruckt. An vielen Stellen und insbesondere beim Thema der Verwaltung findet der Leser Formulierungsvorschläge und Muster, die die tägliche Arbeit erleichtern und Anfängern Sicherheit geben können. Die Muster können auch der erstmals beigefügten CD-ROM entnommen werden, wobei dort sicher noch Ausbaumöglichkeiten etwa bei der Einbindung in die Textverarbeitung und bei der Bedienung bestehen.
Angenehm ist das Arbeiten mit dem Werk nicht zuletzt, weil es dank der Hardcover-Bindung auch offen liegengelassen werden kann. Diese wortwörtliche Handlichkeit zeichnet leider nicht jedes Handbuch aus.
Bei dem Werk von Zimmermann ist genau dies nicht gelungen. Man benötigt eigentlich immer beide Hände, um es offen zu halten, was schlecht zum gleichzeitigen Notieren ist. Der Lesespaß wird durch das dunklere Papier und die kleine Schrift weiter gemindert.
Der Text an sich ist gut zu lesen: Zimmermann strukturiert klar und übersichtlich und formuliert präzise und verständlich. Man sucht, findet und versteht. Das macht Freude, wie man es von seinen Veröffentlichungen gewohnt ist. Dass Zimmermann an der einen oder anderen Stelle auf seine sonstigen Publikationen zurückgreift, mindert den Wert der vorliegenden nicht. Im Geschäft der Nachlasspflegschaft gibt es eben Berührungspunkte und Überschneidungen mit Themen wie Vollmacht, Betreuung und Erbscheinsverfahren. Die weitergehenden Hinweise werden Nachlasspflegern daher im Einzelfall helfen. Kürzer fallen die Ausführungen etwa zur Erbenermittlung aus. Muster und Nachschlagetexte im Anhang sind abgesehen von der Gerichtsgebührentabelle nach der KostO nicht enth...