Leitsatz
Eine Patenschaft und die Pflege normaler familiärer Beziehungen reichen nicht für die Annahme aus, der mit dem erstverstorbenen Ehegatten nicht verwandte Schlusserbe sei diesem nahestehend im Sinne des § 2270 Abs. 2 BGB gewesen.
OLG Hamm, Beschluss vom 10. Dezember 2009 – 15 Wx 344/08
Sachverhalt
Die Erblasserin war verheiratet mit F K, der am 8.4.1997 vorverstorben ist. Die Eheleute K waren kinderlos.
Die Beteiligten zu 1), 2), 3) und 6) sind Verwandte des F K. Die Beteiligte zu 6) ist eine Schwester des F K, die Beteiligten zu 1) und 2) sind Kinder der Beteiligten zu 6) und somit Neffe bzw. Nichte des F K. Die Beteiligte zu 3) ist das Kind einer verstorbenen weiteren Schwester des F K und somit ebenfalls dessen Nichte.
Die Beteiligten zu 4) und 5) sind Verwandte der Erblasserin. Die Beteiligte zu 5) ist das Kind einer verstorbenen Schwester der Erblasserin und somit deren Nichte. Der Beteiligte zu 4) ist der Sohn der Beteiligten zu 5) und somit ein Großneffe der Erblasserin.
Am 3.1.1968 gab F K beim Nachlassgericht einen Umschlag in besondere amtliche Verwahrung mit der Erklärung, dass der Umschlag ein eigenhändiges gemeinschaftliches Ehegattentestament enthalte. Diese Verfügung von Todes wegen ließen sich die Eheleute K am 2.6.1992 aus der besonderen amtlichen Verwahrung zurückgeben. Der Inhalt und der Verbleib dieses Testaments sind unbekannt.
Später errichteten die Eheleute K ein gemeinschaftliches Ehegattentestament, das von dem Ehemann eigenhändig geschrieben, auf den 30.1.1993 datiert und unterschrieben und von der Erblasserin mit unterzeichnet ist. Darin erklärten die Eheleute K einleitend, dass sie sich "im Vortestament als gegenseitige Erben eingesetzt" hätten. Sodann setzten sie "Im Falle beiderseitigen Ablebens" die Beteiligten zu 1) bis 6) "als Nacherben zu gleichen Teilen des Barvermögens ein". Weiter bestimmten sie, dass "das Grundstück mit Gebäuden und Inventar (…) je zur Hälfte" an die Beteiligten zu 1) und 2) "vererbt werden" solle und dass "ein Gesamtverkauf außer Bauplätze (…) vor 15 Jahren ausgeschlossen" sei.
Am 20.2.1993 errichteten die Eheleute K, die damals beide 75 Jahre alt waren, ein weiteres gemeinschaftliches Ehegattentestament, das von dem Ehemann eigenhändig geschrieben und unterschrieben und von der Erblasserin mit unterzeichnet ist. Dieses Testament lautet wie folgt:
Zitat
"Testament "
Wir die Eheleute F K geb. 17.11.1917 und Ehefrau B geb. N geb. 18.7.1917 setzen uns gegenseitig zu Alleinerben ein.
Nach dem Tode der Überlebenden soll das vorhandene Barvermögen einschließlich Bankguthaben und vorhandene Wertpapiere zu gleichen Teilen folgenden Personen zufallen,
– es folgt die Benennung der Beteiligten zu 1) bis 6) –
Zitat
Der Wert der Gebäude und Grundstücke soll je zur Hälfte S2 und T2 zufallen. Das Vorhandene Grundstück mit aufstehenden Gebäuden kann frühestens nach Jahren nach dem Tode des Längstlebenden veräußert werden. Die Verwaltung der Imobilien sowie Verhandlungen über einen Verkauf soll S2 obliegen. Das vorhandene Inventar einschließlich Schmuck soll T2 zufallen. Die Pflege Grabstätte soll S2 vornehmen.
W 20. Febr. 1993
F K
Das ist auch mein letzter Wille W 20 Febr. 1993
B K“
Nachdem ihr Ehemann am 8.4.1997 verstorben war, errichtete die Erblasserin am 20.8.1997 ein handschriftliches Testament, in dem sie den Beteiligten zu 1) als Alleinerben einsetzte. Weitere Bestimmungen traf die Erblasserin in diesem Testament nicht. Das vorhandene Grundstück übertrug sie noch zu Lebzeiten im Jahre 1998 auf den Beteiligten zu 1).
Nachdem die Beteiligten zu 2) und 4) widerstreitende Erbscheinsanträge gestellt hatten, kündigte das Amtsgericht Halle (Westf.) durch Beschluss vom 8.12.2006 im Wege des Vorbescheids die Erteilung eines von beiden Anträgen abweichenden Erbscheins an. Diese Entscheidung hob das Landgericht Bielefeld auf Beschwerde des Beteiligten zu 1) durch Beschluss vom 8.2.2007 auf.
In der Folgezeit stellte das Amtsgericht weitere Ermittlungen an. Nach einem Hinweis des Amtsgerichts wurden die bis dahin gestellten Erbscheinsanträge abgeändert. Die Beteiligte zu 2) beantragte zuletzt sinngemäß die Erteilung eines gemeinschaftlichen Teilerbscheins, der sie und den Beteiligten zu 1) als Miterben zu einem Anteil von jeweils 27,09 % ausweisen sollte. Die Beteiligten zu 4) und 5) beantragten zuletzt sinngemäß die Erteilung eines gemeinschaftlichen Teilerbscheins, der sie als Miterben zu einem Anteil von jeweils 11,46 % ausweisen sollte.
Durch Beschluss vom 17.10.2007 hat das Amtsgericht im Wege des Vorbescheids die Erteilung eines gemeinschaftlichen Erbscheins angekündigt, wonach die Erblasserin von den Beteiligten zu 1) und 2) zu einem Anteil von jeweils 27,09 % und von den Beteiligten zu 3) bis 6) zu einem Anteil von jeweils 11,455 % beerbt wurde.
Gegen diesen Vorbescheid haben die Beteiligten zu 1) und 2) mit unterschiedlicher Zielrichtung Beschwerde eingelegt. Die Beteiligten zu 4) und 5) sind beiden Beschwerden entgegengetreten.
Durch Beschluss vom 6.11.2008 hat das Landgericht Bielefeld die Beschwe...