Nach Dr. Lamprecht sei die Durchführung der Besteuerung primär Aufgabe der Bürger, denn deren Pflicht zur Entrichtung der Steuer entstehe bereits nach der AO. Vor diesem Hintergrund fragte Dr. Lamprecht, ob nicht grundsätzlich ein Paradigmenwechsel von der hoheitlichen Veranlagung zur Selbstveranlagung erfolgen könne.
Nach Prof. Dr. Drüen werde im Bereich der anmeldungspflichtigen Steuern das Selbstveranlagungsverfahren seit Jahrzehnten praktiziert. Tatsächlich bestehe also in diesem Bereich nicht mehr das hoheitliche Vollzugsmodell, sondern eine Privatveranlagung. Für die Entrichtung der Steuern sei allein der Bürger verantwortlich. Der Fiskus hingegen müsse nur dann tätig werden, wenn der Steuerpflichtige keine Steuererklärung abgebe oder das Geld nicht zahle.
Eigenthaler kritisierte am "Osnabrücker Modell", dass die große Gefahr einer Zweiklassenbesteuerung bestehe. Während bestimmte Unternehmen, die nach Ansicht der Finanzverwaltung als seriös einzustufen seien, die zeitnahe Betriebsprüfung in Anspruch nehmen könnten, würden andere Unternehmen hiervon ausgeschlossen.
Nach Müller-Gatermann könne der Steuerpflichtige nicht von seiner Pflicht zur vollständigen Angabe aller steuerrelevanten Tatsachen in seiner Steuererklärung derart entlastet werden, dass auf seine Unterschrift verzichtet werde. Angesichts der Tatsache, dass bisweilen der Steuerpflichtige in seinen Erklärungen bei streitigen Rechtsfragen eine für ihn günstige Position einnehme, könne dieser Ansatz nicht überzeugen.
Dr. Stein befürwortete die zeitnahe Betriebsprüfung nach dem "Osnabrücker Modell". Wenn Deutschland schon nicht über ein anwendungsfreundliches Steuerrecht verfüge, müsse es als Wirtschaftsstandort zumindest insoweit attraktiv bleiben, als Steuerpflichtige den Eindruck haben, dass man wenigstens im Steuervollzug zu pragmatischen und vernünftigen Ergebnissen gelange.
Nach Dr. Eisgruber stelle das in Niedersachsen praktizierte Modell der zeitnahen Betriebsprüfung eine Mindermeinung in der Finanzverwaltung dar. Die herkömmliche Steuererklärung müsse Basis für Betriebsprüfungen bleiben. Die Etablierung des angesprochenen Risikomanagement-Systems gestalte sich einstweilen schwierig, weil auf regionaler Ebene extreme Unterschiede bei der Handhabung der Maßstäbe für das "Ob" von Steuerprüfungen bestünden. Insofern sei es fast unmöglich, bundeseinheitliche Kriterien für ein solches Risikomanagement-System aufzustellen.
Nach Prof. Dr. Drüen könnten bestimmte Elemente des niederländischen Systems zum Besteuerungsverfahren auch in Deutschland Anwendung finden. Nicht alles, was pragmatisch sei, könne als schlecht bewertet werden. Die neueren Instrumente, sei es die zeitnahe Betriebsprüfung oder das Risikomanagement, dürften allerdings angesichts der Komplexität des deutschen Steuerrechts nicht eingesetzt werden, um Ressourcen bei der Finanzverwaltung abzubauen.