Einführung
Der pflichtteilsberechtigte Nichterbe hat gemäß § 2303 Abs. 1 BGB gegen den Erben einen Pflichtteilsanspruch in Höhe der Hälfte des Wertes des gesetzlichen Erbteils. Um seinen Anspruch beziffern zu können, benötigt der Anspruchsberechtigte idR Auskünfte über den Nachlassbestand. Der Pflichtteilsanspruch wird daher von dem Auskunftsanspruch gem. § 2314 BGB "flankiert". Unvollständige und unzutreffende Angaben des Auskunftsschuldners zwingen häufig dazu, diesen Auskunftsanspruch gerichtlich geltend zu machen. Da aber der Pflichtteilsanspruch weiterhin der kurzen dreijährigen Verjährungsfrist unterliegt (vgl. auch § 2332 Abs. 1 BGB aF), wird der Auskunftsanspruch regelmäßig nicht isoliert, sondern im Wege der Stufenklage nach § 254 ZPO geltend gemacht, um so (auch) den – unbezifferten – Pflichtteilsanspruch rechtshängig zu machen und damit seine Verjährung zu hemmen, § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB. Obwohl die Stufenklage für den Pflichtteilsberechtigten ein "komfortabler" Weg ist, seinen Pflichtteilsanspruch gerichtlich geltend zu machen, ohne ihn sofort beziffern zu müssen, entlässt er den Kläger doch nicht aus dem mit jedem Rechtsstreit verbundenen Risiko, nach Beendigung des Rechtsstreits Verfahrenskosten aufgebürdet zu bekommen. Von besonderer Relevanz sind hier vor allem folgende Konstellationen: (1) Die auf erster Stufe erteilte Auskunft ergibt, dass der Nachlass dürftig und ein Pflichtteilsanspruch von Anfang an nicht bestanden hat. (2) Der Kläger obsiegt nicht in sämtlichen Stufen der Klage. (3) Der Beklagte erkennt nach erteilter Auskunft den auf letzter Stufe bezifferten Zahlungsanspruch sofort an, ohne dass er vom Kläger zuvor außergerichtlich zur Zahlung aufgefordert wurde. Prozessual stellt sich für jede der genannten Varianten die Frage, ob der Kläger Verfahrenskosten – zumindest teilweise – zu tragen hat. Insbesondere fragt sich, ob und unter welchen Voraussetzungen der in Anspruch genommene Erbe die Möglichkeit hat, nach Klageerhebung durch ein sofortiges Anerkenntnis die Kostenfolge nach § 93 ZPO herbeizuführen. Diesen Fragen soll im Rahmen des folgenden Beitrags nachgegangen werden.
I. Die Stufenklage gemäß § 254 ZPO
Die "Auskunftsstufenklage" zur Geltendmachung von Pflichtteilsansprüchen enthält regelmäßig auf der ersten Stufe den Antrag, den Beklagten zu verurteilen, eine stichtagsgenaue Auskunft über den Bestand des Nachlasses durch Vorlage eines geordneten Nachlassverzeichnisses zu erteilen. In der zweiten Stufe wird der unter den Voraussetzungen des § 260 Abs. 2 BGB gewährte Anspruch auf Abgabe der eidesstattlichen Versicherung geltend gemacht, um schließlich auf dritter und letzter Stufe – nach erfolgter Auskunft – den Zahlungsanspruch zu beziffern.
1. Die einzelnen Stufen im Prozess
Jede der in den drei Stufen geltend gemachten Ansprüche begründet einen selbstständigen Anspruch. Die Auskunftsstufenklage ist dogmatisch nichts anderes als ein Fall objektiver Klagehäufung. Die Besonderheit besteht darin, dass es dem Kläger abweichend von § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO gestattet wird, einen unbezifferten Leistungsantrag zu stellen.
Über jede Stufe ist gesondert zu entscheiden. Eine Entscheidung über den Leistungsantrag kommt grundsätzlich erst in Betracht, wenn der Kläger zur Leistungsstufe übergegangen ist, sodass über den Auskunftsanspruch (nur) durch Teilurteil zu entscheiden ist. Der Kläger kann jederzeit die Auskunftsstufe verlassen und zur Leistungsstufe übergehen.
Hat der Kläger die Auskunftsstufe verlassen, bevor über den Auskunftsantrag entschieden wurde, ergeht keine Teilentscheidung bezüglich des Auskunftsantrags. Dies gilt vor allem für die Fälle, in denen der Kläger den Auskunftsantrag "für erledigt" erklärt. Von einigen Stimmen in der Literatur wird allerdings vertreten, dass es in den Fällen, in denen sich der Beklagte der Erledigungserklärung nicht anschließt, eines Teilurteils bedürfe.
Nach vorzugswürdiger und wohl herrschender Auffassung ist bei einer einseitigen Erledigungserklärung bezüglich des Auskunftsantrags das Erfordernis eines Teilurteils zu verneinen. Hierfür spricht vor allem ein Argument: Der Kläger kann jederzeit zur Leistungsstufe wechseln, sodass es bei einer einseitigen Erledigungserklärung wegen der ohnehin erst nach der Entscheidung über den Leistungsantrag einheitlich zu treffenden Kostenentscheidung an dem erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis fehlen dürfte, um feststellen zu lassen, dass hinsichtlich des Auskunftsantrags Erledigung eingetreten ist.