Leitsatz
Ein im Rahmen der Nacherbschaft erstelltes Vermögensverzeichnis hat die im Nachlass befindlichen Vermögensgegenstände, nicht jedoch bloße Erinnerungsstücke ohne materiellen Wert oder Verbindlichkeiten zu umfassen. Weiß der Nacherbentestamentsvollstrecker, dass im Nachlass keine Wertgegenstände vorhanden sind, die nicht im Nachlassverzeichnis aufgeführt sind, wäre es reiner Formalismus, würde vom Nacherbentestamentsvollstrecker dennoch gefordert, vom Vorerben eine über das Nachlassverzeichnis hinausgehende Auskunft anzufordern.
OLG München, Beschl. v. 28.1.2020 – 31 Wx 439/17
1 Gründe
I. Der am 20.4.1987 verstorbene Erblasser war in zweiter Ehe mit der Beteiligten zu 1 verheiratet. Von den Kindern aus erster Ehe sind zwei verstorben. Am Verfahren beteiligt sind daher drei Kinder aus erster Ehe (Beteiligte zu 2, 6 und 7) und drei Kinder aus der zweiten Ehe (Beteiligte 3 bis 5).
Mit seiner Ehefrau errichtete der Erblasser am 28.6.1962 einen Ehe- und Erbvertrag, in dem Gütergemeinschaft vereinbart war und sich die Ehegatten gegenseitig zu alleinigen Erben einsetzten. Nach Ziffer III. des Ehe- und Erbvertrags regelten die Ehegatten zugunsten Dritter, dass für den Fall des Ablebens des Ehemannes vor der Beteiligten zu 1 diese verpflichtet sei, bei Wiederheirat das Anwesen an sämtliche Kinder des Erblassers zu gleichen Teilen zu übergeben. Sollte sie nicht wieder heiraten, sollte ihr das Recht zustehen, zu bestimmen, wann sie das Anwesen übergeben will.
In einem Nachtrag vom 10.12.1976 hoben die Ehegatten die Verfügungen des Erbvertrags vom 28.6.1962 auf und vereinbarten stattdessen, dass sich die Ehegatten gegenseitig zu Erben einsetzen, der überlebende Ehegatte jedoch nur Vorerbe sein sollte, der allen gesetzlichen Beschwerungen und Beschränkungen eines Vorerben unterliege. Nacherben sollten die Abkömmlinge des Ehemannes aus beiden Ehen sein, die im Zeitpunkt des Eintritts des Nacherbfalls vorhanden sein würden. Der Nacherbfall sollte mit dem Ableben des Vorerben eintreten. Nacherbenvollstrecker gemäß § 2222 BGB solle der ersteheliche Sohn des Ehemannes A. B. (Beteiligter zu 7) sein.
Mit weiterem Nachtrag vom 11.8.1980 räumten die Ehegatten der gemeinsamen Tochter … (Beteiligte zu 3) das Recht ein, das Anwesen der beiden Ehegatten nach Ableben beider Elternteile zu Alleineigentum zu übernehmen. Sie habe dazu den Verkehrswert des Anwesens zum Zeitpunkt des Ablebens des letztversterbenden Elternteils abzüglich auf dem Anwesen lastender geldwerter Belastungen unter Übernahme derselben an die Nacherben (unter Einschluss ihrer selbst) zu zahlen.
Bei Ableben des Erblassers war nach Angabe der Ehefrau im Nachlassverfahren außer dem Anwesen kein weiteres Vermögen vorhanden. Ein Erbschein wurde nicht beantragt.
Auf Antrag des Beteiligten zu 7 stellte ihm das Amtsgericht – Nachlassgericht – am 15.9.1987 ein Zeugnis über die Ernennung zum Nacherbenvollstrecker aus.
Im Jahr 2016 machte der Beteiligte zu 2 Ansprüche auf Nachlassgegenstände, wie etwa eine Standuhr, geltend.
Am 5.10.2016 gab der Beteiligte zu 7 dem Nachlassgericht bekannt, dass das Haus mit Einverständnis der Beteiligten zu 1 schon zu ihren Lebzeiten für 200.000 EUR an den Sohn der Beteiligten zu 3 verkauft werden solle. Der Hälfteanteil am gemeinsamen Haus des Erblassers und der Beteiligten zu 1 sei der werthaltigste Gegenstand des Nachlasses; Bankguthaben habe nicht existiert. Es seien in den Jahren 1988 bis 2008 durch die Beteiligte zu 1 im Rahmen ihrer finanziellen Möglichkeiten Erhaltungsarbeiten am Haus im Umfang von ca. 75.000 EUR erfolgt. Nach einem Gutachten eines Sachverständigen sei das Anwesen derzeit ca. 203.000 EUR wert. Die Beteiligten zu 2 und 6 seien damit allerdings nicht einverstanden.
Am 10.10.2016 bat der Beteiligte zu 2 das Nachlassgericht, dass dieses prüfen solle, wie die Auseinandersetzung korrekt weitergeführt und abgeschlossen werden könne. Ein angeregtes Mediationsverfahren zwischen den Nacherben fand nicht statt.
Mit Schreiben vom 23.12.2016 kündigte der Beteiligte zu 2 beim Nachlassgericht den noch zu stellenden Antrag an, dieses möge die Tätigkeit des Beteiligten zu 7 als Nacherbentestamentsvollstrecker prüfen und ihn aus dem Amt entlassen.
In Schreiben an den Beteiligten zu 7 aus dem Jahr 2017 machte der Beteiligte zu 2 einen Betrag von 43.500 EUR geltend, nämlich 40.000 EUR für das von ihm mit 240.000 EUR taxierte Anwesen und 3.500 EUR für den Nachlass seiner Mutter, die vor über 70 Jahren verstorben ist.
Mit Anwaltsscheiben vom 18.5.2017 ließ der Beteiligte zu 2 die Beteiligte zu 1 darauf hinweisen, dass ihr Verfügungen über das Grundstück versagt seien. Zudem sei sie zu Schadensersatz verpflichtet, soweit sie Aufwendungen für die Instandhaltung des Nachlasses nicht gemacht habe. Jegliche Reparaturen durch die Beteiligte zu 1 würden bestritten. Der Beteiligte sei allerdings bereit, gegen Zahlung von 55.000 EUR auf seine Beteiligung am Nachlass zu verzichten. Ein entsprechendes Angebot machte auch die Beteilige zu 6.Zudem forderte der Beteiligte zu ...