Eine Vererblichkeit ist daher nur ausnahmsweise gegeben, soweit die Ansprüche beim Tod des Berechtigten fällig waren (§ 58 SGB I) und entweder festgestellt oder ein Verwaltungsverfahren über sie anhängig waren (§ 59 SGB S. 2 SGB I). Die Fälligkeit ist dabei für die Monate zwischen dem 1.1.2021 und dem Todestag unproblematisch, wegen der weiteren Voraussetzungen ist dagegen zu unterscheiden:
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Auch die "normale" Rente wird nur auf Antrag bezahlt. Verstirbt der Rentenberechtigte, bevor er überhaupt einen Rentenantrag stellt, entfällt nach § 59 SGB I sein Renten- und damit auch der Grundrentenanspruch. |
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Verstirbt der Berechtigte, nachdem er einen Antrag gestellt hat, aber bevor dieser beschieden wurde, war ein Verwaltungsverfahren über den Anspruch anhängig, so dass der Anspruch (auch) auf die Grundrente vererbt werden kann. Die "Grundrente" begründet nämlich keinen eigenständigen Rentenanspruch, sondern ist nach § 76g SGB VI als Entgeltpunktzuschlag ausgestaltet, der sich automatisch bei der Berechnung der "normalen Rente" auswirkt. |
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Liegt dagegen schon ein Rentenbescheid vor, so ist der Anspruch nur dann i.S.v. § 59 SGB I festgestellt, wenn der Bescheid (ausnahmsweise) den Rentenanspruch nur dem Grunde nach feststellt. |
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Liegt dagegen – wie regelmäßig – ein bezifferter Rentenbescheid (über die alte Rentenhöhe) vor, ist der Anspruch auch nur in dieser Höhe festgestellt. |
Die Vererblichkeit des Nachzahlungsanspruchs ist daher nur gegeben, wenn schon ein Verwaltungsverfahren über den Anspruch anhängig ist, d.h. der Anspruch zumindest verwaltungsintern bearbeitet wurde. Dies ist unproblematisch der Fall, sobald der Berechtigte einen Antrag gestellt hätte. Ein solcher ist indessen wie erläutert weder notwendig, noch erwünscht. In die Prüfung des Einzelfalls wird der Rentenversicherungsträger dagegen erst jeweils kurz vor der Bescheidung eintreten. Fraglich und in Literatur und Rechtsprechung bisher nicht diskutiert, ist daher, ob allgemeine Vorbereitungsarbeiten zur Einzelfallbearbeitung zu einer Anhängigkeit des einzelnen Verfahrens i.S.v. § 59 SGB I führen. Dies ist jedenfalls vorliegend zu bejahen, da eine etwaig fehlende Einzelfallbefassung nach Angaben des Rentenversicherungsträger nur auf die Gesamtzahl der zu prüfenden Berechtigten zurückzuführen ist, die eine technisches (Software) und administrativ aufwändige Umsetzung erfordern ("Die Arbeiten laufen auf Hochtouren", s.o.).
Auch unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben dürfte es den Rentenversicherungsträgern verwehrt sein, sich auf eine fehlende Anhängigkeit mangels Einzelfallbearbeitung zu berufen, wenn sie gleichzeitig von einem (anhängigkeitsbegründenden) Antrag abrät ("Niemand muss einen Antrag stellen") und ausführt: "Selbstverständlich werden die Beiträge, auf die ab Januar 2021 ein Anspruch besteht in allen Fällen nachgezahlt". Schließlich würde es sich auch nach dem Gleichbehandlungsgrundsatz kaum rechtfertigen lassen, dass die Vererblichkeit des Nachzahlungsanspruchs von der Zufälligkeit der verwaltungsinternen Prüfungsreihenfolge abhängen sollte.
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Alternativ könnte dieses Ergebnis auch mit dem sozialrechtlichen Herstellungsanspruch begründet werden, den das BSG für einen (Sonder-)Rechtsnachfolgers angenommen hat, wenn der Sozialleistungsträger eine gesetzliche Verpflichtung zum Tätigwerden zugunsten des Betroffenen objektiv verletzt und dadurch Nachteile für ihn ausgelöst hat. Problematisch ist vorliegend allerdings, ob die gesetzliche Verpflichtung zur Neuberechnung gerade den betroffenen Rechtsnachfolger (und nicht eher den Rentenberechtigten) schützen soll. |