Die gegenseitige Erbeinsetzung verbunden mit der Schlusserbeinsetzung der gemeinschaftlichen Kinder ist einerseits eine in der Kautelarpraxis beliebte Gestaltung, andererseits aber insbesondere unter Aspekten der Erbschaftsteuerbelastung in vielen konkreten Einzelfällen nicht die optimale Lösung. Dies gilt nicht nur, weil Freibeträge weiterer Beteiligter im ersten Erbfall ungenutzt bleiben. Denn überdies kann die Kumulierung des Ehegattenvermögens in den Händen des Längerlebenden auch zu einer Überschreitung der Freibeträge der Kinder im zweiten Erbfall führen. Auch kann sich hier die Progression der Steuersätze als zusätzliche Belastung darstellen. Schließlich ist die Schlusserbeinsetzung von regelmäßig bereits betagten Kindern und die Nichtberücksichtigung von Enkeln oder gar Urenkeln unter Gesichtspunkten optimaler Vermögensallokation innerhalb der Familie des Öfteren nicht sinnvoll.
Regelmäßig findet sich die Gestaltungspraxis daher mit dem Problem konfrontiert, wie hier nachträglich eingewirkt werden kann. Denn die vorstehend skizzierten Nachteile werden den Beteiligten meist erst spät bewusst. So entsteht häufig erst im Zusammenhang mit dem Erbfall des erstversterbenden Ehegatten ein entsprechendes Problembewusstsein. Insbesondere stellt sich dann die Frage, ob der längerlebende Ehegatte noch Maßnahmen zur Optimierung der testamentarischen Regelungen zumindest für den Schlusserbfall durchführen kann. Hieran könnte er allerdings nach Annahme der Erbschaft nach dem Erstversterbenden wegen § 2271 Abs. 2 S. 1 Hs. 1BGB bzw. § 2289 Abs. 1 BGB gehindert sein. Auf die Annahme der Erbschaft nach dem Erstverstorbenen zu verzichten und durch Ausschlagung den Eintritt der Bindungswirkung zu verhindern, dürfte für den Längerlebenden bereits unter Berücksichtigung seines Versorgungsinteresses in den allermeisten Fällen nicht in Betracht kommen. Dies gilt insbesondere dann, wenn (Mit-)Eigentum an einem gemeinschaftlich genutzten Familienwohnheim in den Nachlass fällt.
Ebenso ist auch die Selbstanfechtung durch den Längerlebenden nicht geeignet, das Problem zu lösen. Zwar könnte die Anfechtung zum Eintritt der gesetzlichen Erbfolge führen, was allerdings gegenüber der Ausschlagung nur den erbrechtlichen "Verlust" schmälern, aber regelmäßig nicht beseitigen würde.
In Betracht zu ziehen sein dürfte hingegen regelmäßig die Geltendmachung von pflichtteilsrechtlichen Ansprüchen durch Abkömmlinge. Diese Ansprüche können durchaus (verzinslich) gestundet werden, sodass die Liquidität des längerlebenden Ehegatten unbeeinträchtigt bleibt. Zu achten ist dann aber auf evtl. Pflichtteilsstrafklauseln, deren Auslösung erhebliche ungewollte Auswirkungen auf den Schlusserbfall haben kann. Ohnehin kann der durch letztwillige Verfügung gebundene Erblasser sich auf dem Weg des Pflichtteilsrechts dem Ziel der’Steueroptimierung nur nähern, es aber nicht sicher erreichen. Dies gilt schon unter Berücksichtigung des Umstands, dass das Pflichtteilsrecht die wertmäßige Begünstigung der Beteiligten vorgibt und sich hier (wenn überhaupt) nur geringfügige Spielräume bieten.