Über die Frage, worin genau die durch bzw. analog § 2289 Abs. 1 BGB vorausgesetzte Beeinträchtigung des durch die frühere Verfügung von Todes wegen Begünstigten zu liegen und wie genau sie zu beschaffen sein hat, besteht keine Einigkeit. Wortlaut, Historie und systematische Stellung der Regelung sind insoweit bei der Auslegung wenig ergiebig.

Unstreitig ist, dass eine bloße emotionale Beeinträchtigung nicht ausreichend ist.[16] Nach einer in der Literatur vertretenen Auffassung soll die Frage nach einer Beeinträchtigung anhand eines wirtschaftlichen Maßstabes zu beurteilen sein.[17] Demgegenüber legt der BGH und ihm folgend eine Vielzahl von Literaturstimmen einen rechtlichen Maßstab zugrunde.[18]

Hierzu ist festzuhalten, dass die wirtschaftliche Betrachtungsweise Probleme unter Gesichtspunkten der Justitiabilität und zugleich auch der Rechtssicherheit der Gestaltung mit sich bringt, indem etwa Bewertungsfragen zu beantworten sind. Auch kann mit diesem Beurteilungsmaßstab das Interesse eines (künftigen) Erben oder Vermächtnisnehmers nicht berücksichtigt werden, wenn es um einen wirtschaftlich wertlosen Gegenstand geht,[19] an dem aber großes Affektionsinteresse besteht. Die Frage nach einer Beeinträchtigung beantwortet sich also danach, ob eine Rechtsposition des Bedachten eingeschränkt wird. Die Praxisrelevanz dieses Meinungsstreits ist allerdings gering.[20] Es wird sich auch vorliegend zeigen, dass es für die hier behandelte Thematik auf diese Frage nicht entscheidend ankommt.

[16] J. Mayer/Röhl, Testament und Erbvertrag, 7. Aufl. 2020, § 2289 Rn 33.; Schmidt, in: Erman, BGB, § 2289 Rn 2.
[17] Hülsmeier, NJW 1981, 2043.
[18] BGHZ 26, 204, 213; BGH NJW 2011, 1733, 1735; J. Mayer/Röhl, Testament und Erbvertrag, 7. Aufl. 2020, § 2289 Rn 18; Musielak, in: MüKo, § 2271 Rn 10, 16; und § 2289 Rn 16.
[19] Beispielhaft wird der Gedanke deutlich, wenn man an die vermächtnisweise Zuwendung eines Familienfotos denkt, die mit der Anordnung eines Untervermächtnisses flankiert ist, einen dessen materiellen Wert übersteigenden Geldbetrag zu zahlen.
[20] Litzenburger, in: BeckOK BGB, § 2289 Rn 7; vgl. auch Hölscher/Kornexl, in: Kroiß/Horn, BGB, § 2289 Rn 28 f.

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge