Der Rechtsgedanke des § 181 BGB ist auch auf Gesellschafterbeschlüsse und die entsprechende Stimmrechtsabgabe anwendbar. Dies gilt insbesondere für Grundlagenbeschlüsse (z.B. Änderungen des Gesellschaftsvertrags, Umstrukturierungen, Auflösung der Gesellschaft), welche die Grundlagen des Gesellschaftsverhältnisses und das Verhältnis der Gesellschafter untereinander betreffen, sodass sich die betroffenen Gesellschafter als Geschäftspartner gegenüberstehen. Bei gewöhnlichen Gesellschafterbeschlüssen (Beschlüsse, welche die Geschäftsführung oder die laufenden gemeinsamen Gesellschaftsangelegenheiten betreffen) steht hingegen die verbandsinterne Willensbildung im Vordergrund, sodass es allein auf die Verfolgung des gemeinsamen Gesellschaftszwecks ankommt, weshalb § 181 BGB hier keine Anwendung findet. Im Einzelnen gilt Folgendes:
aa) Beschlüsse über Gesellschaftsgrundlagen
Für Beschlüsse, welche die Grundlagen des Gesellschaftsverhältnisses berühren, findet der § 181 BGB Anwendung, da solche stets das Verhältnis der Gesellschafter untereinander sowie die Struktur der Gesellschaft betreffen, sodass potenziell ein Ergänzungspfleger zu bestellen ist. Im Einzelnen gilt Folgendes:
(1) Änderungen des Gesellschaftsvertrags
Änderungen des Gesellschaftsvertrags bzw. der Satzung unterliegen grds. dem Selbstkontrahierungsverbot, sodass der Minderjährige durch einen Ergänzungspfleger vertreten werden muss. In Abwägung des Minderjährigenschutzes einerseits und der Handlungsfähigkeit der Gesellschaft andererseits ist die Anwendbarkeit des § 181 BGB jedoch nur auf solche bedeutsamen Änderungen des Gesellschaftsvertrags beschränkt, welche eine Benachteiligung des Minderjährigen erwirken können und ein erhöhtes Schutzbedürfnis entfalten (z.B. Änderung von Stimmrechten, Kapitalerhöhungen etc.). Mögliche vorteilhafte (z.B. Begründung von Exklusivrechten ausschließlich zugunsten des Minderjährigen) oder neutrale (z.B. Änderung der Firma, Sitzverlegung) Änderungen des Gesellschaftsvertrags werden von § 181 BGB nicht berührt.
Die Genehmigungsbedürftigkeit einer Satzungsänderung bei Kapitalgesellschaften nach § 1822 Nr. 3 BGB wird allgemein verneint. Die Genehmigungsbedürftigkeit einer Gesellschaftsvertragsänderung bei Personengesellschaften ist hingegen umstritten. Teilweise wird diese sogar verneint, wenn durch die Änderung des Gesellschaftsvertrags in Rechte und Pflichten des minderjährigen Gesellschafters eingegriffen wird. Insbesondere im Hinblick auf die Schutzbedürftigkeit und die Abgrenzungsschwierigkeiten zwischen Änderungen und Neufassung eines Gesellschaftsvertrags existieren jedoch starke Gegenmeinungen, welche bei Änderungen von Gesellschaftsverträgen von Personengesellschaften mit minderjährigen Gesellschaftern stets von einer Genehmigungspflicht nach § 1822 Nr. 3 BGB ausgehen. Vorsorglich sollte im Fall von "wesentlichen bedeutsamen Änderungen" des Gesellschaftsvertrags einer Gesellschaft, die nicht nur eigenes Vermögen verwaltet, unabhängig von der Rechtsform, von einer Genehmigungspflicht ausgegangen werden und zumindest ein Negativattest bei dem zuständigen Familiengericht beantragt werden. Durch die ab 1.1.2023 geltende Neufassung der Genehmigungspflicht in § 1852 Nr. 2 BGB n.F. hat der Gesetzgeber keine Änderung der Rechtslage beabsichtigt. In der Gesetzesbegründung heißt es, die Regelung enthält – inhaltlich unverändert – § 1822 Nr. 3 Alt. 2 BGB. Die Genehmigungsbedürftigkeit kann sich zudem auch aus § 1822 Nr. 10 BGB ergeben, wenn z.B. durch die Änderung des Gesellschaftsvertrags die Gesellschafterstellung des Minderjährigen vom Kommanditisten in die eines Komplementärs gewechselt wird.
(2) Beschlüsse über Kapital- bzw. Beitragserhöhungen
Auch wenn im Zuge der Satzungsänderung einer GmbH eine Kapitalerhöhung stattfindet, muss der Minderjährige regelmäßig durch einen Ergänzungspfleger vertreten werden, wenn die Eltern ebenfalls Gesellschafter sind. Auch eine familiengerichtliche Genehmigungsbedürftigkeit könnte sich nach § 1822 Nr. 10 BGB ergeben, da eine Haftung nach § 24 S. 1’GmbHG in Betracht kommt, wenn der Minderjährige für die’Nichterbringung der erhöhten Einlage eines Mitgesellschafters haften muss. Dies ist jedoch zu verneinen, da die konkrete Gefahr der Ausfallhaftung nicht durch den Erhöhungsbeschluss, sondern erst durch die anschließende Übernahme der neuen Geschäftsanteile droht. Ab dem 1.1.2023 dürften die Fälle nicht mehr unter die Neuregelung in § 1854 Nr. 4 BGB n.F. fallen, da die Neuregelung nicht mehr die Haftung für eine Verbindlichkeit umfassen soll, die sich lediglich als Nebenfolge eines anderen Rechtsgeschäfts ergibt. Soll der Minderjährige selbst die neuen Gesellschaftsanteile übernehmen, ist er bei der Übernahmeerklärung durch einen Ergänzungspfleger zu vertreten. Gle...