Dabei trifft die Reform 2023 im "wirklichen Leben" auf Menschen, die

schon bei erstmaliger Erteilung einer Vorsorgevollmacht mental eingeschränkt sind, ohne dass ihr Zustand erkannt wird (Konstellation 1),[48]
im (fortdauernden) Zustand unerkannter Einschränkung eine Erstvollmacht widerrufen und eine Zweitvollmacht erteilen (Konstellation 2),
infolge schleichend eintretender Handlungs- und Geschäftsunfähigkeit ihre Rechte gegenüber dem Bevollmächtigten nicht ausüben können (Konstellation 3).

Ob der Reformgesetzgeber diese Konstellationen wahrgenommen hat, lassen die Materialien nicht genau erkennen. Belegt ist nur, dass 5,7 Mio. registrierter plus x Mio. nicht eingetragener Vorsorgevollmachten[49] bei der Konzeptionierung der Reform 2023 "kein zentrales Thema"[50] waren.

Immerhin werden im Gesetzentwurf

das Erschleichen der Vollmacht durch Ausnutzung von Abhängigkeit oder Hilflosigkeit,
die abredewidrige Ausübung der Vollmacht

als manifeste Missbrauchsformen zutreffend beschrieben.[51] Das legislatorische Schutzkonzept hiergegen beschränkt sich allerdings auf "einige wenige normative Grundregelungen zur Vorsorgevollmacht"[52] bei gleichzeitigem Verzicht auf jegliche Ausgestaltung der zugrunde liegenden "Vereinbarung".[53]

[48] Vgl. dazu auch BGH FamRZ 2016, 701.
[49] Vgl. oben.
[50] BT-Drucks 19/24445, 150.
[51] BT-Drucks 19/24445, 245.
[52] BT-Drucks 19/24445, 150.

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